anzeige
anzeige
Karen Duve: Macht

Karen Duve: Macht

Galiani Berlin

Karen Duve: Macht. Galiani Berlin 2016. 416 S.

Wir befinden uns im Jahre 2031. Der Weltuntergang steht kurz bevor. Die Menschen haben es ein wenig übertrieben mit dem CO2-Ausstoß, und nun rollen Naturkatastrophen ungekannten Ausmaßes über den Planeten. In Deutschland saufen die Städte entweder im Hochwasser ab oder werden von Superstürmen dem Erdboden gleichgemacht. Die Reaktionen darauf reichen von ernsthaften Rettungsinitiativen über die Gründung irrwitziger Sekten bis hin zu absichtlich exzessiver Schadstoffemission. Angesichts des unabwendbaren Kollapses ist ohnehin alles egal. Eine neue Pille verhilft zu ewiger Jugend und wird trotz des haarsträubend hohen Krebsrisikos von mindestens 90 Prozent der Bevölkerung geschluckt. So weit, so erschreckend – und unterhaltsam. Denn an originellen Details mangelt es Karen Duves neuem Roman »Macht« nicht. In den Läden hängen zum Beispiel »Animal-Mood«-Klamotten: Mützen mit aufstellbaren Öhrchen oder Hosen mit peitschenden Schwänzen. Beim Fleischkauf sind CO2-Punkte zu löhnen, und das »Ego Smart« ist zum unverzichtbaren elektronischen Begleiter für fast alle Belange des täglichen Lebens geworden. Leider fällt dagegen die Handlung doch ziemlich ab. Sebastian Bürger hat angesichts der in Deutschland herrschenden feministischen Demokratie die Nerven verloren und seine Frau, die Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Kraftwerksstilllegung und Atommüllentsorgung, im Keller eingesperrt. Jahrelang fühlte er sich von ihr schikaniert, nun kann er zeigen, wer die Hosen anhat. Nebenbei beginnt er eine leidenschaftliche Affäre mit seiner ehemaligen Schulkameradin Elisabeth, in die er immer schon heimlich verliebt war. Auf vierhundert Seiten ausgebreitet, ist das zu dünn, um den Leser dauerhaft bei der Stange zu halten, und es drängt sich der Verdacht auf, dass die lahme Handlung als bloßes Vehikel für Duves düstere Zukunftsvision dienen soll. Keine Frage, »Macht« ist ein kluges und witziges Buch, aber als Roman nicht gerade der große Wurf. Yvonne Fiedler


Weitere Empfehlungen