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Liao Yiwu: Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand

Liao Yiwu: Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand

Liao Yiwu: Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand. 144 S.

»Die chinesische Lösung«: Das war das Angstwort all jener DDR-Bürger auf den Herbstdemonstrationen 1989. Die chinesische Lösung stand als Chiffre für das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, wo am 4. Juni desselben Jahres monatelange Proteste für mehr Demokratie von der Regierung blutig beendet wurden. Exakte Opferzahlen sind unbekannt, Schätzungen zufolge starben bis zu 10.000 Menschen. Ikonografisch für das Ereignis ist das Foto eines Mannes, der sich Panzern in den Weg stellt. Mit einem essayistischen Denkmal an ebendiesen Mann beginnen Liao Yiwus »Texte aus der chinesischen Wirklichkeit«. Der chinesische Poet und Autor Liao selbst saß für vier Jahre im Gefängnis, weil er das Massaker in einem Gedicht angeprangert hatte. Seit 2011 lebt er in Deutschland. In seiner Textsammlung erinnert er sich an die Gefängniszeit, protokolliert auch Gespräche mit Mitgefangenen und veröffentlicht Briefe aus der Haft an seine Frau – die er nie abschickte. Das sind bedrückende Zeilen, die von Qual und Einsamkeit handeln und davon, wie man das Unaushaltbare aushält. Es sind Berichte eines Überlebenden. Besonders hart sind die Schilderungen über Liaos Einsatz, um den Schriftsteller und Menschenrechtler Liu Xiaobo aus chinesischer Haft heraus und nach Deutschland zu holen. Selbst die Intervention der Bundeskanzlerin bleibt erfolglos: Die Ausreise und auswärtige Behandlung bleibt Xiaobo auch verwehrt, als er an Leberkrebs erkrankt – 2017 stirbt er. »Nach dem, was ich mit Xiaobo erlebt hatte, kann mich auf dieser Welt nichts mehr überraschen.« Tobias Prüwer


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