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Marguerite Andersen: Ich, eine schlechte Mutter / Liat Elkayam: Aber die Nacht ist noch jung / Simone Hirth: Das Loch

Marguerite Andersen: Ich, eine schlechte Mutter / Liat Elkayam: Aber die Nacht ist noch jung / Simone Hirth: Das Loch

Marguerite Andersen: Ich, eine schlechte Mutter / Liat Elkayam: Aber die Nacht ist noch jung / Simone Hirth: Das Loch. 191 S.

»›Wir haben alle Schuldgefühle‹, wispert ihr Nachumi ins Ohr, ›ist doch klar. Warum konnte mein Körper das Kind nicht halten? Was hab ich falsch gemacht?‹« Nicht nur Schuldgefühle machen der Protagonistin von Liat Elkayams Roman »Aber die Nacht ist noch jung« zu schaffen, nachdem sie ihr Kind acht Wochen zu früh auf die Welt gebracht hat. Da sind auch die Desinfektionsroutinen der neonatologischen Station, und vor allem ist da der »Wettstreit um die beste und aufopferndste Mutter«. In quälender Ausführlichkeit erzählt Elkayam, was es heißt, in einer fremden Umgebung in die Mutterrolle finden zu müssen. Eine Rolle, für die der gesellschaftliche Diskurs hauptsächlich abwertende Urteile bereithält: Helikoptermutter, Karrierefrau, regretting mother oder MILF, also eine mother I’d like to fuck? Dass all diese Bilder wenig mit der Realität zu tun haben, zeigen glücklicherweise von Jahr zu Jahr mehr Bücher. Im Rückblick, aber fast noch intensiver als Elkayam, erzählt die kanadische Literaturwissenschaftlerin Marguerite Andersen von ihrer Mutterschaft. »Ich, eine schlechte Mutter« heißt ihr Langgedicht, durch das sich ihre Zerrissenheit zwischen der Liebe zu ihren Kindern und dem Wunsch nach beruflicher Selbstverwirklichung zieht, und schon am Titel ist abzulesen, dass auch Marguerite Andersen sich an Stereotypen abarbeitet – und vorsichtig versucht, sich davon zu distanzieren. Diese Distanz herzustellen, gelingt der Protagonistin von Simone Hirths skurrilem Briefroman »Das Loch«. Ihr Kind ist erst wenige Wochen alt, als sie anfängt, wütende Briefe zu schreiben – an Jesus und Madonna, an den österreichischen Bundeskanzler und einen Frosch. Mit jeder Menge Humor sprengt Hirth das aufoktroyierte Rollenmodell und schlägt den damit verbundenen Schuldgefühlen ein Schnippchen. Katharina Bendixen


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