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Markus Thielemann

Markus Thielemann

Zwischen den Kiefern. Greifswald: Katapult 2021. 304 S., 20 €

Markus Thielemann.

Kasimir, der halbgare Nihilist, ist beseelt vom Hass auf alles Zivilisatorische. Seine jugendliche Tochter Mia kennt die Welt nur über ihren Vater, der ihr ein unerbittlicher Erzieher war. »Kasimir tat ständig Dinge, die sie nicht verstand.« Die letzten zehn Jahre verbrachten die beiden isoliert vom Treiben der Menschen in der »Wildnis«. Wenn sie nicht in seinem Sinn agierte, sperrte er sie in eine Holzkiste. Plötzlich entdeckt Mia (aufgewachsen ohne Mutter) den friedlich schlummernden Sören (aufgewachsen ohne Vater) im Wald. Besonders seine Ohrläppchen haben es ihr im weiteren Verlauf des Romans angetan. Sören ist frisch entkommen aus den liebevollen Fängen seiner künstlernden Mutter. Nach einigen Prüfungen auf Herz und Nieren wird Sören Mitglied der zweiköpfigen Familie, die dem Terror der Zivilisation mittels rabiater Tierbefreiung, Abfackeln von Getreide und Ähnlichem die Harke zeigt. Den Kopf voller Schwurblerquark, wird Mias Vater schnell Sörens persönlicher Mephisto. Obgleich alles im Wendland der Gegenwart spielt, scheinen manche Ereignisse ordentlich an den Haaren herbeigezogen. Alles scheint einzig auf den großen Showdown hin ausgelegt. Dass eine Kleinfamilie viele Jahre im Wald und auf der Heide ungestört ihr Unwesen treiben kann, ist unwahrscheinlich: Wo sind die Bullen mit ihren Wärmebildkameras, wenn man sie braucht? Vielleicht hat ja die Lesegeneration Greta/Luisa ihren Spaß daran. Oder ist es ein Fall von Schreibschulenfluch, der für die Mätzchen im Roman (krude Botschaften englischsprachiger Internettrolle, getollschocktes Erzählen und filmähnliches Finale) erantwortlich zeichnet? Ein komisches Buch, zu viele formale Schlenker und eine Story, die im brasilianischen Regenwald funktionieren könnte, nicht jedoch in der Kulturlandschaft des Wendlands. Frank Willmann


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