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Martin Brand, Stephan Felsberg, Tim Köhler (Hg.): Russkij Futbol / Christian Lübke, Dirk Suckow, Stephan Krause (Hg.): Der

Martin Brand, Stephan Felsberg, Tim Köhler (Hg.): Russkij Futbol / Christian Lübke, Dirk Suckow, Stephan Krause (Hg.): Der

Die Werkstatt

Martin Brand, Stephan Felsberg, Tim Köhler (Hg.): Russkij Futbol / Christian Lübke, Dirk Suckow, Stephan Krause (Hg.): Der. Die Werkstatt 2018. 240 S.

Bevor die Fußball-Weltmeisterschaft Mitte Juni in Moskau startet, werden wenige Wochen zuvor die Champions League-Endspiele der Männer und Frauen in Kiew ausgetragen. Der Osten ist aber nicht nur Austragungsort, sondern bietet jede Menge Fußballgeschichten, die bisher vielleicht nicht jeder kennt. Wer einen Einstieg in die östliche Fußballgeschichte sucht, der liegt mit zwei Büchern vom Verlag Die Werkstatt goldrichtig. Während sich der Sammelband »Russkij Futbol« mit dem russischen, sowjetischen und post-sowjetischen Fußball beschäftigt, erweitert »Der Osten ist eine Kugel« sowohl die geografischen Grenzen als auch die sportwissenschaftlichen Untersuchungsfelder. »Russkij Futbol« erzählt in 14 Kapiteln vom Import des Fußballs durch Engländer im Zarenreich bis zur »Putin Show« beim diesjährigen Fußballturnier. Das erste offizielle Fußballspiel fand 1893 in St. Petersburg während einer Pause auf einer Pferde- und Radrennbahn statt. Das Publikum war erbost und forderte sein Eintrittsgeld zurück. Die Aufsätze erzählen, wie sich das über die Jahrzehnte änderte, über Fankulturen oder besondere Spiele – etwa gegen Deutschland 1912 und 1955. Einen weiteren Aspekt, der auch im anderen Sammelband eine wichtige Rolle spielt, bildet der Stadionbau. Während der WM treten die Teams in zwölf Stadien an. Obwohl die Bezeichnung Stadien kaum zutreffend ist, denn sieben Anlagen werden neu gebaut und folgen der globalen Entwicklung hin zu Arenen. Lediglich vier Stadien werden modernisiert. Alexandra Köhring ist in beiden Bänden mit einem Beitrag zur Entwicklung des Moskauer Olympiastadion Luschniki vertreten, in dem unter anderem das Auftaktspiel und das Finale am 15. Juli stattfinden. Als es 1956 mit dem Fußballspiel UdSSR gegen China eröffnet wurde, war es noch kein reines Fußballstadion. Nach dem aktuellen Umbau bleibt seine Vergangenheit nicht nur wegen der großen Lenin-Statue davor unvergessen. Auch die erhaltene Außenhülle erinnert ganz bewusst an vergangene Zeiten. Eng mit der Geschichte sind die Bauten in St. Petersburg und Wolgograd verwoben. In der Newastadt liegt das Zentralstadion im »Park des Sieges«, der an den Zweiten Weltkrieg erinnert, und Aufnahmen eines Fußballspiels gehören zur »Ikone der Leningrader Blockade«. Zwischen den Artikeln schildert jeweils eine Fotografie die Fußballstory, und einige von ihnen verweisen wiederum auf zahlreiche Leerstellen. Mehr möchte man zum Foto wissen, das deutsche Kriegsgefangene 1947 beim Rasenpräparieren vor einem Dynamo Moskau-Spiel zeigt. Vor dem Artikel zum Frauenfußball sind Frauen bei der Gymnastik in den zwanziger Jahren zu sehen, obwohl sie damals bereits in Mannschaften spielten. Im Sammelband »Der Osten ist eine Kugel« über Fußball im östlichen Europa kreuzen sich einige Themen mit »Russkij Futbol«. Während der allseits bekannte Osteuropakenner Karl Schlögel im Futbol-Buch auf einige Kunstwerke – wie etwa von Aleksandr Deineka in der Moskauer Tretjakow-Galerie – verweist, liefert Marina Dmitrieva hier eine Analyse zu Deinekas Bildwelten als Kult der Moderne und Schule des Sehens. Herausgegeben vom Historiker Christian Lübke, dem Literaturwissenschaftler Stephan Krause und dem Kunsthistoriker Dirk Suckow, nutzen sie geschickt ihre Tätigkeit am Leipziger Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europas, um das gesellschaftliche und kulturelle Phänomen Fußball in 19 Artikeln und literarischen Texten, die teilweise erstmals auf Deutsch erscheinen, im Osten Europas über einen breiten Zeitraum zu untersuchen. Dazu gesellen sich Interviews und Fotos, die das Bild ergiebig vergrößern. Britt Schlehahn


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