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Mary Beard: SPQR

Mary Beard: SPQR

Mary Beard: SPQR. 651 S.

Aus den Geschichtsbüchern der DDR lernten Schüler, dass der Lauf der Historie zu den lichten Höhen des Sozialismus eine Folge von Klassenkämpfen war, die mit dem Spartacus-Aufstand begann. Aus dem deutschen Fernsehen nach 1990 lernten Zuschauer, dass die DDR nirgendwo lichte Höhen besaß und vor allem aus grauen Anorakträgern und Stasi-Pullundern bestand. Es sind immer die Sieger der Geschichte, die selbige schreiben. Diese Binsenweisheit findet fürs Altertum kaum Anwendung. Bei Mary Beard, Professorin für Altphilologie an der Universität Cambridge, ist das anders. Ihre römische Geschichte für unsere Zeit hinterfragt nicht nur seit Generationen gemeinhin gültige Bilder vom Römischen Reich, sondern auch das Prinzip ad fontes: Sie hinterfragt die Quellen. Da sind zum Beispiel all die Ausschweifungs- und Grausamkeitsgeschichten römischer Kaiser, die immer nach deren Ermordung aufgeschrieben wurden. Beard argumentiert schlüssig, dass da jemand ein Interesse hatte: die Nachfolger. Zudem lenkt sie den Blick auf den Alltag und die Menschen, die keine Chance hatten, ihr eitles Selbstporträt für die Nachwelt in Texte zu gießen: Plebejer, Sklaven, Bauern. Für ihre gut strukturierte Geschichte vom Romulus (753 v. Chr.) bis Caracalla, der (212 n. Chr.) jeden freien Einwohner des Römischen Reiches zum vollgültigen römischen Bürger erklärte, schöpft Beard aus Jahrzehnten eigener Forschung und einem großen Fundus britischen Humors. Das macht »SPQR« zum erfrischend frechen Buch über das Römische Reich und Geschichtsschreibung an sich. Letztere hört niemals auf, was Sisyphus-Arbeit bedeutet. Aber angesichts solcher Historikerinnen wie Beard dürfen wir uns Sisyphos einmal mehr als glücklichen Menschen vorstellen. Sofie Schneider


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