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Michael Schindhelm: Ein exotisches Leben

Michael Schindhelm: Ein exotisches Leben

Michael Schindhelm: Ein exotisches Leben. 224 S.

Dramatisch beginnt Michael Schindhelms Biografie des exzentrischen Malers und Musikers Walter Spies – mit dessen Ende. Im Januar 1942 befindet sich Spies an Bord des Frachtschiffs Van Imhoff, das internierte Deutsche von Niederländisch-Indien nach Ceylon bringt. Gefangen in einer Holzkiste, kann er sich während einer Bombardierung des Schiffs befreien. Allerdings geht Spies nicht von Bord, sondern setzt sich im Durcheinander an ein Klavier und spielt bis zum Untergang. Er stirbt mit 46 Jahren. Manche glauben jedoch, er habe überlebt und sich irgendwo in die Einsamkeit zurückgezogen. Geboren 1895 als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, die zwischen Russland und Deutschland pendelt, geht Walter Spies in Dresden zur Schule. Cousin Robert nimmt ihn zur Kunstakademie mit, und im elterlichen Salon erlebt er Menschen, die Klang mit Farbe kombinieren. Spies malt selbst und spielt Klavier. Sein Freund, der Regisseur Friedrich Murnau, engagiert ihn als künstlerischen Berater bei seinem epochalen Film »Nosferatu«. 1923 wandert Spies heimlich nach Südostasien aus, zuerst nach Java und später nach Bali. Er beschäftigt sich mit der traditionellen Gamelan-Musik und der Tanzkultur, ist Fremdenführer für europäische Touristen, die auf der Suche nach dem Paradies sind. Dass es in Wahrheit nicht immer sehr paradiesisch zugeht, lässt Schindhelm nicht unerwähnt. Zunehmend wird der bekennende Homosexuelle Spies angefeindet. Anschaulich und spannend erzählt Michael Schindhelm Spies’ Lebensgeschichte, beleuchtet das Zeitgeschehen und führt den Leser sogar in die balinesische Sagenwelt ein. Ein Bildteil mit historischen Fotos und Abbildungen einiger Gemälde ergänzt den Lesestoff. Wer dazu die passende Musik hören möchte, dem sei Steffen Schleiermachers »Hommage à Walter Spies« von 2003 empfohlen. Britt Schlehahn


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