Alles in Schwarz-Weiß, alles grau, alles eintönig. In dem Fotobuch »Bukarest. The City of good life« bieten selbst die Texte des Autors Michael Schweßinger nur wenig Trost. Der Leipziger Fotograf und Filmemacher Marcel Schreiter hatte 2016 seine Aufnahmen in der Hauptstadt im Rahmen eines Stipendiums des rumänischen Kulturinstituts gemacht. Und der Klappentext ist Programm: »Bukarest romantisch zu sehen, bedarf gewiss einiger Anstrengung.« Das Romantischste an Bukarest sind, wenn man nur dieses Buch befragt, »einige mit Tesa-Film fixierte Titten auf dem Armaturenbrett« eines Taxifahrers, »über denen ein Bild der Jungfrau Maria mit Heiligenschein thronte«. Schweßinger lebte selbst in Bukarest und erzählte davon bereits in »Vom östlichen Rande des Imperiums« (RUP 2015). Zehn Miniaturen untermauern nun die Stimmung der eindrücklich angeordneten Fotografien: Immer wieder Menschen, vor allem Männer, die mürrisch, abgezehrt oder resigniert auf den Straßen der Stadt unterwegs sind. Wenn einer lächelt, fällt es auf. Frauen zieren vor allem die illuminierten Werbeplakate, die den Kontrast zwischen den heruntergekommenen Vierteln und den uneingelösten Versprechen des Kapitalismus beleuchten. Das Bukarest, das sich hier zeigt, ist nicht das zuckrige des ehemaligen Diktators Nicolae Ceaușescu oder das der Touristen. Es ist das Bukarest der Wütenden und Armen, das Bukarest der Hunde und Katzen. Und Schweßinger findet Worte für die Faszination, die immer auch in einem Davorstehen liegt, in Bewunderung von der anderen Straßenseite: »Wie leuchtend die Farben der Stadt, / bevor wir ihr zu nahe traten«, »Ich lauschte dieser melodischen Sprache, ohne sie zu entschlüsseln«, »und ich frag mich immer, wann diese Stadt mal austickt. Tut sie nicht, tut sie nie, alles geht seinen gewohnheitsmäßigen, leicht resignierten Gang.« Linn Penelope Micklitz