Mustafa Haikal

Mit dem Anspruch, »unverfälschte Waren zu guten Preisen« anzubieten und nebenbei die Gesellschaft zu verändern, wurde vor 125 Jahren der Konsum Leipzig gegründet. Zum Jubiläum hat der Leipziger Historiker Mustafa Haikal ein Buch zur Geschichte der legendären Konsumgenossenschaft vorgelegt. Als Teil der auf den Prinzipien Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung basierenden Genossenschaftsbewegung versorgte der »Konsum-Verein für Plagwitz und Umgegend e. G.« eine rasch wachsende Kundschaft mit bezahlbaren und qualitativ guten Nahrungsmitteln. Bei der Entwicklung zeitgemäßer Verkaufsformen, der Eigenproduktion und Einführung von Lebensmittelstandards und -kontrollen war man im Leipziger Lebensmittelhandel Avantgarde. Im Jubiläumsbuch erfährt man viel über Leipziger Konsumgeschichte, verliert aber in der chronologischen Aneinanderreihung ungewichteter Ereignisse sowie den Blick aufs Wesentliche verstellender Episoden leicht den Überblick. Am spannendsten ist das letzte Kapitel über die 1990er Jahre gelungen. Der schwierige Übergang des Leipziger Konsums von der Plan- zur Privatwirtschaft wird ebenso rekonstruiert wie die überlebensnotwendige Neuausrichtung, die bei den westdeutschen Konsumgenossenschaften ab Mitte der 1970er Jahre verpasst worden war. Die Bedeutung von Unternehmerfiguren - auch in anderen Kapiteln herausgearbeitet - wird hier einmal mehr deutlich.Das gut lesbare Buch kann über weite Passagen unterhalten und eine Illusion von Zeitkolorit vermitteln. Leider bleiben dabei relevante historische und ökonomische Zusammenhänge oft unscharf und einige Fragen offen. So wird letztlich das Potenzial des Stoffs verschenkt, um der Leserschaft das genossenschaftliche Wirtschaftsmodell schmackhaft zu machen. Dirk Schaal