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Nils Heisterhagen: Kritik der Postmoderne

Nils Heisterhagen: Kritik der Postmoderne

Nils Heisterhagen: Kritik der Postmoderne. 255 S.

»Ein philosophisches Problem hat die Form: ›Ich kenne mich nicht aus.‹« (L. Wittgenstein) Das Nichtauskennen durchzieht Nils Heisterhagens »Kritik der Postmoderne« – auf mehreren Ebenen. Sie macht einen herrschenden Relativismus aus, will ihn mit einem Konsensmodell von Wahrheit austreiben. Dass die Diagnose unsinnig ist: geschenkt. Rechtspopulisten sind (diskurs)mächtig geworden, weil sie sich Diskussionen verweigerten und ignorant-unwissende Medien das befeuerten. Und nicht, weil jeder alles behaupten darf. Überhaupt überschätzt Heisterhagen den Einfluss der Philosophie. Haben denn Kant und Hegel die Politik ihres Zeitalters rationaler gemacht? Seltsam ist die Literaturliste. Foucault, Derrida, Rancière? Keine Spur. Auch der Strukturalismus bleibt außen vor. Dafür listet sie »Quantenmechanik für die Westentasche«, »Schülerduden Philosophie«, »Kant für Anfänger« und Richard David Precht auf. Lediglich an Jean-François Lyotard und dem Sekundärliteraten Wolfgang Welsch wird die Postmoderne hier festgemacht. Wichtige Positionen fehlen, dafür umfasst das Buch 150 Seiten Philosophiehistorie von Sokrates bis Heidegger. Diese bloße Ideengeschichte nennt der Autor (Verweise auf Nietzsche und Foucault fehlen) »Genealogie«, dabei hat er keine Methode. Angeblich arbeiten postmoderne Denker ungeschichtlich. Dass etwa Lyotards »Widerstreit« ein Wort Kants ist, weiß Heisterhagen nicht. Missverständnissen sitzt er auch bezüglich der Sprachspiele und Diskurse auf, wenn er sie als von Individuen gelenkt beschreibt. Von Macht und Mikromacht hat er keinen Begriff, woran seine Gesellschaftsanalyse krankt. Letztlich münzt Heisterhagen seine eigene idealistische Subjektphilosophie auf die Diskursphilsophie – mit dem Pathos des engagierten Ich-Intellektuellen, der stilistisch nervt. Tobias Prüwer


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