Olga Ravn
Die Angestellten. Aus dem Dänischen von Alexander Sitzmann. Berlin: März 2022. 144 S., 20 €
Olga Ravn.
Olga Ravns zweiter Roman, der erste in – hervorragender – deutscher Übersetzung, schlägt Wellen in der Bücherwelt. Diese schlanke Publikation aus Dänemark sollte gelesen werden. Dafür keine Zeit zu haben, ist keine Entschuldigung. Verfasst mit dem Feingefühl einer wahren Dichterin, zieht Ravn altbewährte Tropen des Sci-Fi-Genres neu auf und verfasst eine Allegorie auf unsere Arbeitswelt. Grundlage dabei ist die Frage nach dem Potenzial künstlicher Intelligenz, Menschen so zu imitieren, dass wir sie vielleicht nicht einmal mehr von uns unterscheiden können. Was aber, wenn beide miteinander existieren und auf etwas Fremdes stoßen, das ebenfalls menschlich scheint?
Der Text sammelt die Zeugenaussagen der Arbeitscrew auf einem Raumschiff, die unbekannte Objekte sichergestellt hat – auf diese reagieren humanoide wie menschliche Angestellte intensiv. Die Leitung des Schiffes sammelt, katalogisiert und kommentiert die Aussagen der Crew in einer buchdicken Akte – die Ereignisse spitzen sich zu einem dramatischen Höhepunkt zu. Die Textfragmente mögen zunächst schwer zugänglich sein, doch geht von ihnen ein faszinierender Sog aus. Obgleich der Roman eine Übung in Verdichtung und bewusst eingesetzter Ellipsen ist, so ist er doch auch wirksam in seiner figurativen Sprache.
»Die Angestellten« ist ein Buch, das man nicht nach seinem Cover beurteilen sollte. Weshalb hier sowohl für die englische als auch die deutsche Ausgabe nicht das modernistische Design der Originalausgabe lizensiert wurde, ist mir schleierhaft. Denn Ravns Buch ist das bewusste Resultat der Interaktion zwischen der Autorin und den sozialkritischen wie zukunftsorientierten Kunstwelten Lea Guldditte Hestelunds und
Barbara Krugers. Doch ohne sie bleiben am Ende Bilder im Kopf, die sowohl die Magie als auch das Geheimnis dieses Romans ausmachen. Marcel Hartwig