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Thomas Brussig: Beste Absichten

Thomas Brussig: Beste Absichten

Thomas Brussig: Beste Absichten. 190 S.

Gäbe es die olle Arbeiter-und-Bauern-Republik noch, wäre Thomas Brussig nun langsam mal dran mit dem Nationalpreis für Literatur, verliehen für unermüdlich-schöngeistige Aufarbeitung des Lebens in der DDR. Seit seinem Buch-Hit »Helden wie wir« (1995) hat er sich in das Thema verbissen. Man könnte auch sagen, er hat sein Marktsegment gefunden. Nun legt der schreibende Adolf Hennecke der unterhaltsamen Vergangenheitsbetrachtung einen neuen Roman vor. Ort? Na klar, Ost-Berlin. Zeit? Selbstverständlich 1989. Im Mittelpunkt von »Beste Absichten« steht der Ich-Erzähler »Äppstiehn«, dessen Name nicht nur so klingt wie der des berühmten Beatles-Managers, sondern der auch das gleiche Ziel hat: Weltkarriere. Und wirklich, unser Held, ganz alltagsgeschultes Organisationstalent, bringt die junge, wilde Band »Die Seuche« aus dem Keller auf die Bühne. Doch kurz vorm Durchbruch fällt zuerst die innerdeutsche Mauer und dann löst sich die Band auf. Ende mit Wende. Ihre Geschichte ist nicht auf Google zu finden. Es gibt keine Platte, keinen gefilmten Auftritt, nichts. Und doch bedeutet sie so viel für die wenigen, die dabei waren. Sie lebt nur in der individuellen Erinnerung. Was für ein literarisches Thema! Brussig entwickelt dazu eine filmreife Dramaturgie, glaubwürdige Szenen und die richtige Balance zwischen der Liebe zu seinen Figuren und einer ironisch-distanzierten Erzählhaltung. So entsteht ein Text, der süffig ist wie ein kaltes Berliner Pils im Sommer. Da ist Verlass auf Brussig. Er bleibt bei seinen Leisten. Und doch ist es schade, dass es immer, immer wieder die DDR ist, um die seine Bücher kreisen. Nicht auszudenken, wenn der beflissene Berliner Belletrist mal über die BRD oder, noch besser, über die krasse Gegenwart schriebe. Über die Vergangenheit lässt es sich leicht lachen. Oftmals allzu leicht. Sofie Schneider


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