Auf dem Areal des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befinden sich heute 155 Häuser und 300 Ruinen. 1,1 Millionen Menschen starben hier. Als 1947 die heutige Gedenkstätte entstand, wurde das ursprüngliche Gelände verkleinert und die von den Nazis zerstörte erste Gaskammer rekonstruiert. Seit den achtziger Jahren gehört der Ort zum UNESCO-Welterbe, vermeldete 2017 einen Besucherrekord mit 2,1 Millionen Menschen.
Der Hallenser Fotograf Tomasz Lewandowski erforschte die unterschiedlichen Gebäude und was von ihnen übrig ist. Am Anfang des Buches ist ein Negativ zu sehen. Es zeigt den Eingangsbereich mit dem Schriftzug »Arbeit macht frei«. Weder hier noch auf den anschließenden Schwarz-Weiß-Fotografien sind Besucher zu sehen. Streng von außen misst Lewandowski die unterschiedlichen Raumtypen aus. Zu sehen sind die Backsteinhäuser im Stammlager und die Holzbaracken in Birkenau. Ähnlichkeiten fallen auf – der Standard, dem die Gebäude im Massenvernichtungslager zugrunde liegen. So findet sich rein äußerlich kaum ein Unterschied zwischen Lagerbordell und Krankenstation.
Die Holzbaracken, die auf den Fertigteilen des standardisierten Pferdestalls Typ OKH 260/9 beruhen, zeigt uns der Fotograf auch von innen. Dabei dokumentiert er den Jetzt-Zustand und unterscheidet nicht zwischen sogenannten authentischen und nach 1945 rekonstruierten Raumzusammenhängen. Ergänzend zu den Aufnahmen finden sich zwei Texte zur Architektur in Auschwitz-Birkenau. Matthias Noell, Professor für Architekturgeschichte und -theorie an der Universität der Künste Berlin, schreibt über »Auschwitz – Architektur und Gestaltung der instrumentellen Vernunft«. Dabei erklärt er den Zusammenhang von modernen Bauformen und Verbrechen. Zudem versucht er, die heute noch im Barackeninneren zu findenden Objekte einzuordnen. Woher stammen die Formen, wer entwarf und lieferte sie? Auch 2019 sind zum Ort Auschwitz-Birkenau noch viele Fragen offen. Britt Schlehahn