Tsitsi Dangarembga
Überleben. Aus dem Englischen von Anette Grube. Berlin: Orlanda 2021. 376 S., 24 €
Tsitsi Dangarembga.
Hierzulande ist Simbabwe aufgrund der Dauerregentschaft Robert Mugabes bekannt, der Jahrzehnte nach dem Sturz des von der Apartheid gezeichneten Rhodesien das Land als greiser Diktator an den Rand des Kollaps brachte. Im dritten Teil von Tsitsi Dangarembgas Trilogie über eine Simbabwerin, die sich nun im mittleren Alter durchs Leben schlägt, werden die desaströsen und gewaltvollen Zustände vor Ort zum Gegenstand einer gerade durch ihre Alltagsnähe deprimierenden Story: Tambudzai, die in tribalen Dorfstrukturen aufwuchs, im Unabhängigkeitskrieg kämpfte, sich zur Akademikerin hochgearbeitet hat, ist trotzdem arbeitslos oder permanent davon bedroht. Sie lebt erst mittellos in einem schäbigen Hostel in Harare, nach einem Nervenzusammenbruch bei ihrer Schwester auf dem Land. Getrieben von ihrem starken Willen, wieder auf die Beine zu kommen, nimmt sie, die sich selbst nur depersonalisiert anspricht, jede Entbehrung und Demütigung in Kauf: »Du musst dich mit dem begnügen, was du hast, und damit, um wie viel besser es ist als dort, wo du gewesen bist.« Schließlich findet sie einen neuen Job bei einer hippen, gegreenwashten Tourismusagentur, die für reiche Europäer pseudoauthentischen Urlaub im urbanen Ghetto oder im exotischen Dorf anbietet. Tambudzai muss für ein bisschen bürgerlichen Wohlstand alles vermarkten, was ihre Identität als schwarze Frau mit stammeskulturellen Wurzeln ausmacht – bis ihre Selbstverleugnung erneut mit den Realitäten kollidiert. Der episodische Charakter der stilistisch leider nicht immer ganz überzeugenden, aber vom Sujet her sehr lesenswerten Geschichte gewährt zwar eine breite Varianz an realistischen Einblicken in die Antagonismen der modernen simbabwischen Gesellschaft, er ist gleichwohl aber auch die große erzählerische Schwäche des dadurch zerfallenden Romans. Thorsten Bürgermann