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Ullrich Kroemer: RB Leipzig

Ullrich Kroemer: RB Leipzig

Die Werkstatt

Ullrich Kroemer: RB Leipzig. Die Werkstatt 2016. 176 S.

Chuzpe«, »Gutsherrenart«, »Allmachtsfantasien« – Dietrich Mateschitz kann man vieles vorwerfen, wenn es darum geht, das Wirken des Red-Bull-Bosses zu beschreiben, der Leipzig demnächst mit Erstliga-Fußball beglücken wird. Wer sich hier mit unzweideutigem Vokabular in Rage redet, ist allerdings kein betrogener Fan eines Leipziger Altvereins, sondern gelernter Bankkaufmann und erfahrener Sportfunktionär. Christian Müller, lange Jahre Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und Koautor des Financial-Fair-Play-Konzepts der UEFA, profiliert sich als Kritiker von »Rasenballsport Leipzig«, jener windigen Konstruktion eines Vereins, der sich unter massiven Protesten und Beugung bestehender Regeln anschickt, dem deutschen Profifußball ein kompromissloses Investorenmodell beizubringen. Das Müller-Interview ist eine der stärksten Passagen des Buchs »RB Leipzig – Aufstieg ohne Grenzen« von Ullrich Kroemer. Der Sportjournalist begleitet das potente Projekt seit einigen Jahren – und hätte vor dem erwartbaren ErstligaAufstieg kaum einen besseren Zeitpunkt für die Veröffentlichung auswählen können. Der Klappentext verspricht ein Buch, das alle Fußballfans etwas angeht. Tatsächlich werden sich sowohl Anhänger als auch Gegner wiederfinden. Weil der Untertitel aber nicht mit einem Fragezeichen endet, weiß der Leser von vornherein, dass ihn keine kritische Abrechnung erwartet. Kroemer legt eine sorgfältige und faktenreiche Recherche vor, die von Anekdoten und Interviews lebt. Das Buch beschreibt, wie das Red-Bull-Ufo anno 2009 beinahe in Eilenburg gelandet wäre, wie der klamme Sächsische FußballVerband einst die Strippen zog und sich heute über eine Dividende freuen kann, wie sich die Fankultur entwickelt hat und wie RB nach einer legendären Phase des Hire-and-Fire mit Ralf Rangnick als Sportdirektor und Trainer in Personalunion zum Erfolg gefunden hat. Der Denker und Macher Rangnick hat den Journalisten Kroemer offenbar schwer beeindruckt. In manchem Kapitel, etwa über das Nachwuchsleistungszentrum, fehlt es dem Autor an Distanz. Dafür entschädigt er mit einer minutiösen Aufarbeitung der kreativen Rechtskonstruktion, mit der RB die 50+1Regel zum Papiertiger gemacht hat. Im Hintergrund gibt Oliver Mintzlaff unbeeindruckt den Multifunktionär: als Red-Bull-Fußballchef, Vereinsboss und Geschäftsführer der RBL GmbH. Kein Wunder, wenn Christian Müller da der Kragen platzt. Bastian Pauly


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