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Vorgestern wars cool

Ein flaches Stück zum Orkan aufgeblasen: Uwe Cramer inszeniert »Stop the tempo!« von Gianina Carbunariu im TdJW

  Vorgestern wars cool | Ein flaches Stück zum Orkan aufgeblasen: Uwe Cramer inszeniert »Stop the tempo!« von Gianina Carbunariu im TdJW

Die Bässe wummern, der DJ nickt lässig mit dem Kopf, es gibt Red Bull aus der Dose und mit Strohhalm. Auf leuchtenden Podesten stolzieren drei junge Menschen, cool angezogen, was man eben so trägt. Ein beliebiger Club einer beliebigen Großstadt mit beliebigen Menschen – verlegt in den großen Saal im Theater der Jungen Welt (Ausstattung: Martin Käser). Die Theaterbesucher sitzen und stehen um die Laufstege herum, mittendrin statt nur dabei, während eine Stunde lang ein Orkan um sie herumfegt.

Die Bässe wummern, der DJ nickt lässig mit dem Kopf, es gibt Red Bull aus der Dose und mit Strohhalm. Auf leuchtenden Podesten stolzieren drei junge Menschen, cool angezogen, was man eben so trägt. Ein beliebiger Club einer beliebigen Großstadt mit beliebigen Menschen – verlegt in den großen Saal im Theater der Jungen Welt (Ausstattung: Martin Käser). Die Theaterbesucher sitzen und stehen um die Laufstege herum, mittendrin statt nur dabei, während eine Stunde lang ein Orkan um sie herumfegt.

Diese drei jungen, coolen, modernen Großstadtmenschen sind alle irgendwie mit ihrem Leben unzufrieden. Maria (Elisabeth Fues) hat drei Jobs gleichzeitig und als Liebhaber den eigenen Gynäkologen; Paula (Anna von Schrottenberg) einen toll klingenden, aber unerträglichen Job als group chief executive artistic creative director; Rolando (Sven Reese) hat als DJ auf einmal gar keine Aufträge mehr: »Ich bin 23 und mein Leben ist bereits im Arsch.«

Diese drei Existenzen treffen und finden sich wie durch Schicksal in diesem coolen Club. Nach einer missglückten Sex-zu-dritt-Aktion und einem Autounfall wissen sie, dass sie füreinander bestimmt sind. Bestimmt dazu, gemeinsam endlich etwas in diesem Leben zu erleben, die innere Leere zu füllen. So entdecken sie das Stromabstellen für sich, erst in einem Club, dann ziehen sie die Abende durch die ganze Stadt. Für einen Moment halten sie die Zeit an, in der Ruhe, der Dunkelheit, in der Panik der Menschen in den Minuten nach dem Stromabstellen finden sie ihre Befriedigung. Mit hohem Tempo schickt Regisseur Uwe Cramer das Stück »Stop the tempo!« der jungen rumänischen Autorin Gianina Carbunariu über die Bühne. Fast ununterbrochen dröhnt die Musik (Dietmar Elflein), prasselt der Text, flimmern die Fernseher. Respekt vor den drei Schauspielern, sie schreien und pressen die Sätze heraus, die kurz und knapp ihre Figuren charakterisieren. Unzählige Male fallen jugendsprachengerecht die Worte »Scheiße« und »verfickte Scheiße« oder »Schlampe«.

Nicht nur die gestemmt jugendliche Sprache, auch die suchenden Jungmenschen in ihrer inneren Leere und Unzufriedenheit mit der Welt, ihr Leben zwischen Shopping bzw. Party und Fucking und der insgesamt recht dünne Plot erinnern an die vor zehn Jahren so angesagten Stücke junger britischer und irischer Dramatiker. Dieser Trend ist (zu Recht) vorbei, doch taucht er nun zeitversetzt wieder von Rumänien her auf.

Uwe Cramer versucht zwar, die dürre Geschichte aufzufüllen und zu ironisieren, indem er einen Chor (Detlef Vitzthum) mit flammenden Worten wie ein Prediger vom Glück der Arbeit erzählen lässt. Doch auch das kann den flachen Inhalt nicht retten. Äußerlich zwar ein Orkan, bleibt doch nur ein laues Lüftchen übrig.


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