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Kultur

Die magische Nummer drei

Richtig geil: Die Blumenkinder des Hip Hop in Leipzig

  Die magische Nummer drei | Richtig geil: Die Blumenkinder des Hip Hop in Leipzig

Bunte, knallige Farben. Gänseblümchen. Selbst gestrickte Klamotten. Nein, das ist nicht die Erinnerung an einen Drogenrausch im Sommer der Liebe von 69. Das ist der Beginn ei-nes maßgeblichen Stücks HipHop-Geschichte.

Bunte, knallige Farben. Gänseblümchen. Selbst gestrickte Klamotten. Nein, das ist nicht die Erinnerung an einen Drogenrausch im Sommer der Liebe von 69. Das ist der Beginn ei-nes maßgeblichen Stücks HipHop-Geschichte. 1989 ist das Jahr, in dem De La Soul der aufstrebenden Jugend-Kultur eine völlig neue Note hinzufügen. Mit ihrem Debüt-Album »3 Feet High & Rising« schaffen die MCs Posdnuos und Trugoy the Dove zusammen mit ihrem DJ (und Gelegenheits-Rapper) Maseo aus dem Nichts heraus einen Gegenpol zum Hardcore-Rap à la Public Enemy und zum aufsteigenden Gangsta-Rap der West-Coast. Auch De La Soul kennen und verarbeiten die aufgestauten sozialen Missstände Amerikas wie Drogen, Armut und Rassismus. Aber für das Trio aus New York steht ein positiver Ansatz ganz klar im Vordergrund: Liebe, Spaß und Selbstbestimmung – das vermitteln Hits wie »My, Myself, And I« und »The Magic Number«. Zusammengefasst heißt das: »Welcome to the D.A.I.S.Y. Age«, wobei es nur oberflächlich betrachtet um die Symbolik des Gänseblümchens geht, sondern um die ehrliche Wiedergabe von individuellen Gefühlen durch Musik (DA Inner Sound, Y'all). Dazu kommt der sample-verliebte, latent jazz-durchflossene und leicht poppige Sound von Entdecker und Produzent Prince Paul. De La Soul machen Songs, über die man bei genauem Hinhören nachdenkt, trotzdem darf herzlich gelacht und wild getanzt werden. Damit schaffen es die drei bis an die Spitze der Charts und in die Herzen der Kritiker. »Die Zukunft des HipHop« sollen sie sein – aber auch der Begriff der »HipHop Hippies« wird eigens für Pos, Trugoy und Maseo erfunden. Die Antwort auf diese ungeliebte Pauschalisierung fällt zwei Jahre später: Auf dem Cover des Nachfolgers »De La Soul is Dead« sind die Blumen verwelkt. Die Verbindung von intelligentem Inhalt und spaß-orientierter Verpackung bleibt aber das Markenzeichen der Crew, unter anderem manifestiert in ihrem bis dato größten Hit »Ring Ring Ring (Ha Ha Hey)«, bei dem auch heute noch für wenigstens drei Minuten das selbstauferlegte Spaß- und Lachverbot in HipHop-Clubs ausgesetzt wird. Doch trotz einiger weiterer Hits (»Oooh« oder »All Good?«) und von der Fachkritik gepriesener Alben (»Buhloone Mindstate«, »Stakes Is High«) können De La Soul nie mehr an den Verkaufserfolg ihres Erstlings anknüpfen. Dabei wurde gerade die letzte Platte »The Grind Date« von 2004 wie keine andere der letzten Jahre komplett verschlafen, wozu auch Musik-Sender wie der amerikanische BET beitrugen, die De La Soul als »nicht relevant für unser Publikum« einstuften. Ein böser Trugschluss, denn ein Jahr später gewannen sie zusammen mit den Gorillaz einen Grammy für den Song »Feel Good Inc.«. Auch in Leipzig hat sich schon gezeigt, wie wichtig das Trio für HipHop-Fans geblieben ist. Es passiert nicht oft, dass im Conne Island aus Platzgründen die Tribünen an den Seiten abgebaut werden müssen. Schon gar nicht bei HipHop-Konzerten, die Besucherzahlen eigentlich leider immer recht überschaubar sind. Vor zwei Jahren war es beim ersten Besuch dreier End-Dreißiger aus New York allerdings bitter nötig. Auch wenn die schon lange keine Hippie-Klamotten mehr tragen.


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