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Kultur

Auf Benno! Auf Ché! Auf Rudi!

»Der subjektive Faktor«, linkes Theater der Gruppe TAG

  Auf Benno! Auf Ché! Auf Rudi! | »Der subjektive Faktor«, linkes Theater der Gruppe TAG

1968. Birte, Udo, Andi und Günter wohnen in einer WG, nur dass sie diese selbst als »Kommune 3« bezeichnen, womit sie viel mehr über ihre politischen Vorstellungen aussagen als über ihre Lebensart. Natürlich sind sie Kommunisten, alle vier.

1968. Birte, Udo, Andi und Günter wohnen in einer WG, nur dass sie diese selbst als »Kommune 3« bezeichnen, womit sie viel mehr über ihre politischen Vorstellungen aussagen als über ihre Lebensart. Natürlich sind sie Kommunisten, alle vier. Allerdings sind sie trotz des gemeinsamen Gedankenguts charakterlich grundverschieden. Birte, das Mädchen, ist verspielt, frech (manchmal mit dem Hang zur Nervigkeit), in ihrer politischen Meinung aber bitterernst und eine radikale Kämpferin. Udo ist der Theoretiker, ständig Adorno lesend und – wohl auch, weil er stottert – insgesamt eher zurückhaltend. Andy ist der Radikale. Er hat zwar kein Abi, engagiert sich dafür umso mehr in den gemeinsamen »Aktionen«, durchaus auch mit Hang zur Gewalt. Günter – der Vierte im Bunde der Genossen – ist der eloquente Redner, Typ Rudi Dutschke, immer bemüht um Öffentlichkeitsarbeit.

Schon die reine Personenbeschreibung birgt Konfliktpotenzial.

Als dann auch noch die aufgekratzte Journalistin – eingeladen natürlich von Günter – eine Reportage über die Kommune schreiben will und Vater Staat – personifiziert in der Figur des Staatsschützers Schulz – mit aller polizeilichen Macht eingreift, bricht der innere Zusammenhalt der vier Kommunisten endgültig. Der ruhige Udo schlägt den aufbrausenden Andy, Günter flirtet mit der Reporterin, und Birgit lädt Hippies in die Kommune ein.

Auf eine mal ironisch-amüsante, mal tragische Weise führt die Theatergruppe TAG durch ihr Stück »Der subjektive Faktor«. Die – teilweise bitterernst gemeinten – politischen Aussagen des Stücks kommen zum Glück nicht immer so rüber, was wohl auch daran liegt, dass nicht alle der Laienschauspieler voll hinter ihnen stehen. Welch Ironie: Man wird das Gefühl nicht los, dass die Gruppe teilweise sich selbst spielt, die Kommune als linke Theatergruppe. Die linke Theatergruppe als ein Sammelsurium politischer Ideen.

Vielleicht ist es das, was Drehbuchautor Daniel Grunewald meint, wenn er von eigenen Erfahrungen spricht, die sich in dem Skript wiederfinden. Doch vor allem wollte er das Scheitern der linken Kommune beschreiben. »Es ging mir um eine Reflexion des Scheiterns der 68er-Revolution, das will ich an dem Beispiel der kleinen Kommune zeigen«, erklärt Grunewald sein eigentliches Anliegen, doch es geht noch um mehr, denn »gleichzeitig geht es ja immer weiter, die Ideen existieren ja noch. Vielleicht ist die Revolution ja noch gar nicht gescheitert!«

Die vier Prototypen in der Kommune, der Staatsschutz, die nervige Journalistin: »Der subjektive Faktor« spiegelt genau, woran die Revolution gescheitert ist und inwiefern sie doch noch weitergeht. Vor allem funktioniert das Stück in seiner Zeitlosigkeit. Mittendrin wird man von den End-Sechzigern in die Neunziger Jahre versetzt, aber bis auf die Kleidung bleiben Personen und Geschichte gleich. Die Typen, die Sache und das Scheitern sind auch 40 Jahre nach 1968 noch nicht vorbei.


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