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Vier Wochen chinesischer Turbokapitalismus

Wie eine ehemalige Praktikantin des <em>kreuzers</em> unter 20 Millionen Chinesen ums Überlegen ringt

  Vier Wochen chinesischer Turbokapitalismus | Wie eine ehemalige Praktikantin des <em>kreuzers</em> unter 20 Millionen Chinesen ums Überlegen ringt

Vor vier Wochen bekam ich einen Anruf aus China: »Hey, im März kann es losgehen.« Meine Reise würde mich nach Shanghai führen, wo kurzfristig eine Praktikumsstelle bei einer deutschen Eventmanagement-Agentur frei wurde. Die Aufregung war groß. Die Zeit knapp. Innerhalb von wenigen Tagen musste ein Visum her. Flug buchen, Reisetasche packen und schon war der Tag gekommen.

Vor vier Wochen bekam ich einen Anruf aus China: »Hey, im März kann es losgehen.« Meine Reise würde mich nach Shanghai führen, wo kurzfristig eine Praktikumsstelle bei einer deutschen Eventmanagement-Agentur frei wurde. Die Aufregung war groß. Die Zeit knapp. Innerhalb von wenigen Tagen musste ein Visum her. Flug buchen, Reisetasche packen und schon war der Tag gekommen.

Vier Wochen chinesisches Leben standen mir bevor, ohne, dass ich wirklich wusste, was mich erwartete. Mit meinen Englischkenntnissen würde ich mich schon zurechtfinden, dachte ich. Außerdem wohne ich bei einer deutschen Gastfamilie und schließlich fahre ich nicht zum Mond. Was kann also schief gehen?

Nun habe ich schon eine Woche Shanghai hinter mir. Eine aufregende Woche. An die Weltsprache Englisch habe ich mittlerweile meinen Glauben verloren. Die chinesischen Autofahrer sind schlimmer als die Italiener. Und meinen eineinhalbstündigen Arbeitsweg muss ich jeden Tag mit 20 Millionen anderen Menschen teilen. Ich vermisse Leipzig!

Die Verständigung ist hier so eine Sache. Ich bin mittlerweile froh, wenn meine Zunge die chinesischen U-Bahn-Stationen aussprechen kann. Für den alltäglichen Gebrauch reicht das. Doch selbst die Chinesen aus den vielen unterschiedlichen Regionen verstehen sich untereinander oft nicht. Das ist so wie Deutsch und Französisch für uns. Oder eben Mandarin und Shanghainesisch. Die Schulkinder setzen sich am Wochenende vor die Bücher, um ganz nebenbei 20.000 Schriftzeichen zu büffeln. Chinesisch lernt man durchs Auswendiglernen, erinnern, wiederholen, lernen, erinnern, wiederholen ... die Lehrer werden hier nach den Zensuren der Schüler bezahlt. Kein Wunder, dass der Druck unheimlich hoch ist.

Druck kommt auch von der Regierung. Deutschen Ingenieuren würde schwindelig werden, wenn sie hier dem Bau eines Hochhaus zuschauten. Innerhalb von wenigen Wochen dreht sich das Stadtbild um 360 Grad. Alte Häuser werden abgerissen, neue gebaut. Shanghai ist nicht Kommunismus, Shanghai ist Turbokapitalismus. Erst heute war ich auf dem höchsten Gebäudepunkt der Erde, den ein Mensch besteigen kann. In knapp 500 Metern Höhe konnte ich auf diese Riesen-Baustelle schauen. Es ist ein Ort, an dem Wettbewerb groß geschrieben wird. Ein Wettbewerb der Superlative, bei dem das weltweit größte Gebäude in Taipei übermorgen schon gestern sein wird. Oder morgen vergessen.


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