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Kultur

»Wir versuchen einfach, dem Volkspalast eine neue Bedeutung zu geben«

Die Pop Up-Mitarbeiter Jan Hanisch und Ronald Arnhold im Interview

  »Wir versuchen einfach, dem Volkspalast eine neue Bedeutung zu geben« | Die Pop Up-Mitarbeiter Jan Hanisch und Ronald Arnhold im Interview

Die Pop Up, Deutschlands populärste Messe für Indie-Musik, steht vor der Tür und findet in diesem Jahr zum ersten Mal im Volkspalast statt. Wir trafen Jan Hanisch und Ronald Arnhold vom Pop Up-Team und sprachen mit ihnen über Neues und Altbewährtes, über den Grund für den Umzug und über eine Location, die bis dato vor allem für Böhse Onkelz- und »Ü30«-Parties bekannt war.

Die Pop Up, Deutschlands populärste Messe für Indie-Musik, steht vor der Tür und findet in diesem Jahr zum ersten Mal im Volkspalast statt. Wir trafen Jan Hanisch und Ronald Arnhold vom Pop Up-Team und sprachen mit ihnen über Neues und Altbewährtes, über den Grund für den Umzug und über eine Location, die bis dato vor allem für Böhse Onkelz- und »Ü30«-Parties bekannt war.

kreuzer: Was macht ihr jeweils innerhalb des Teams und wie seid ihr zur Pop Up gekommen?

RONALD ARNOLD: Ich arbeite in der »Inhalte-Gruppe«, denn die Arbeit bei der Pop Up ist ja thematisch und inhaltlich so ein bisschen aufgegliedert. Ich bin auch erst seit November dabei, kenne die Pop Up aber schon von Anfang an als Gast und Besucher, und habe vorletztes Jahr auch meine Diplomarbeit darüber geschrieben. Dadurch war mir die Messe nicht ganz unbekannt. Ich bin dann eben bei der Inhalte-Gruppe mit eingestiegen – das heißt, ich bereite die Vorrunden der Diskussions-Couch mit vor. Ich organisiere die Gäste, und lege normalerweise auch die Themen mit fest.

JAN HANISCH: Ich habe vor 4 Jahren angefangen, auf der Messe als Helfer zu arbeiten, und habe mich dann mehr und mehr engagiert. Seit 2 Jahren übernehme ich dort die Helferkoordination. Dieses Jahr werden es über 100 Helfer sein, die gesteuert werden wollen. Am Rande arbeite ich auch in der Inhalte-Gruppe mit, da ich auch unsere Kooperation mit dem VUT organisiere. Der VUT macht schon seit Jahren einen Workshop am Rande der Pop Up. Außerdem koordiniere ich seit neuestem unser Audio- und Videocamp, in dem Leute mit einer gewissen Vorkenntnis erlernen können, wie sie eigenhändig ein Musikvideo herstellen können.

kreuzer: Wenn ich euch im Vorgespräch richtig verstanden habe, gibt es in diesem Jahr zwei Neuerungen: Einmal die Workshops, und dann die Couch-Diskussionen? Könnt ihr das noch einmal genauer erklären?

JAN: Wir haben Diskussionsforen, bei denen vorne 5 bis 6 Gäste und 2 Moderatoren sitzen. Es gibt immer 3 oder 4 Foren. Dieses Jahr haben wir zusätzlich die Pop Up-Couch unter dem Namen »Musik trifft...«. Da heißt es dann zum Beispiel: »Musik trifft Literatur«, »Musik trifft Mode« oder »Musik trifft Film«. Dabei wird ein Gast auf die Couch eingeladen und interviewt. Wir haben dafür Leute ausgewählt, die so ein bisschen Grenzgänger sind – das heißt, sie haben sowohl mit Musik, als auch mit Mode oder Literatur zu tun. (Beispiele s. u.) Natürlich darf dabei auch das Publikum entsprechende Fragen stellen.

Diese Couchdiskussionen werden in der Kuppelhalle am Samstag von 11.30 bis 16.30 Uhr stattfinden. Die Gäste sind dann jeweils für eine halbe Stunde auf dem Sofa, anschließend ist eine halbe Stunde Pause, bis der nächste Gast erscheint. Dabei wollen wir über den Tellerrand der Musik hinaus schauen, nach Schnittstellen mit anderen Künsten suchen.

RONALD: Gut, das du die Kuppelhalle erwähnst – sie wird der zentrale Ort sein, an dem wir eine Fläche für mehr Kommunikation schaffen wollen. Deswegen bieten wir auch das Couch-Konzept an, bei dem quasi alle im Gespräch sein sollen. Der Volkspalast bietet sich da mit seiner Kuppel wunderbar an.

kreuzer: Apropos Volkspalast: Die letzten Jahre auf der Messe schwang ja immer ein bisschen mit, dass ihr den Raum im Grunde gar nicht wechseln, sondern sehr gern im Werk2 bleiben wolltet. Wie kommt es, dass ihr nun doch den Ort wechselt?

JAN: Die Leute vom Werk2 waren immer sehr freundlich und kooperativ. Außerdem hatten wir dort alle Möglichkeiten. Aber natürlich fragten wir uns, was wir bei der Pop Up noch besser machen können, und tatsächlich wurde es im Werk2 ja auch zunehmend voll. Deswegen haben wir eine größere Location gesucht. Selbstverständlich nicht nur, um eine quantitativ größere Messe mit mehr Ausstellern bieten zu können, sondern auch einen Ort, an dem genug Platz ist, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Diese Möglichkeit bietet uns der Volkspalast, denn auch die Aussteller wollen nicht immer nur hinter ihrem Tisch stehen, sondern miteinander ins Gespräch kommen.

kreuzer: Habt ihr keine Angst, das es sich im Volkspalast verläuft?

RONALD: Klar, die Frage muss man sich stellen, aber ich denke nicht, das es sich verläuft. Ich hoffe auf den Überraschungseffekt und darauf, den Leuten zeigen zu können, was für eine tolle Location das hier ist, um vielleicht fürs nächste Jahr noch mehr Besucher anzulocken.

JAN: Das Werk war am Samstag außerdem meistens proppevoll, deshalb hoffe ich einfach, dass man hier mehr Luft haben wird.

kreuzer: Könnte es eurer Ansicht zum Problem werden, dass der Volkspalast relativ weit weg ist? Man ist doch dann wahrscheinlich nicht mehr so flexibel zwischen Messe und Konzerten, oder?

JAN: Au contraire! Der Volkspalast ist gar nicht so viel weiter weg. Gefühlt vielleicht, aber von der Strecke her nimmt sich das nichts. Ob man jetzt vom Werk2 aus ein Konzert in der Moritzbastei besuchen möchte, oder eines, das im Volkspalast stattfindet, ist von der Strecke im Prinzip dasselbe. Zudem lösen wir das Problem mittels eines kostenfreien Shuttle-Busses, der den ganzen Tag über fährt.

kreuzer: Der Volkspalast wird ja oft etwas negativ mit Böhse Onkelz- oder »Ü30«-Partys assoziiert ...

JAN: Klar, das wissen wir. (lacht)

kreuzer: Und dagegen geht ihr jetzt an?

RONALD: Es war eine bewusste Entscheidung, und natürlich wussten wir vorher, was der Volkspalast für ein Image mit sich bringt. Aber ich denke, das gilt hauptsächlich für die Leipziger, die so darüber denken, und die Messe ist ja für jeden offen. Ich denke, viele von außerhalb wissen mit dem Namen erst mal wenig anzufangen, und werden wahrscheinlich nicht die Zeit haben, vorher noch zu googlen, was der Volkspalast in Leipzig eigentlich ist.

RONALD: Wenn man eine nette Location mit sehr schlechtem Ruf sieht, kann man natürlich sagen, man akzeptiert es so – der Volkspalast wäre somit abgeschrieben für die Leipziger Musikszene, welche sich ernsthaft mit Musik beschäftigt. Wir haben uns allerdings gedacht, dass wird diesen Ort bewusst wählen, und dort die Dinge veranstalten, die wir gerne in so einer Location sehen würden. Wir versuchen einfach, dem Volkspalast eine neue Bedeutung zu geben, und vielleicht regt das dazu an, dort zukünftig andere Veranstaltungen zu machen.

kreuzer: Gibt es denn, abgesehen vom Veranstaltungsort, auch konzeptionelle Neuerungen?

JAN: Wir bleiben auf jeden Fall Pop Up, die Indie-Messe.

RONALD: Es ist nicht so, das wir jetzt größere Flächen an bekanntere Aussteller vermieten – es bleibt das selbe Prinzip: Jeder bekommt die gleiche Fläche, und die Standorte werden ausgelost. Das generelle Grundkonzept ist immer noch das alte.

kreuzer: Aber sind nicht in letzter Zeit immer mehr Stimmen laut geworden, die behaupten, dass die Popup einstmals der Vernetzung diente, und nun – da mittlerweile alles recht gut vernetzt ist – nur noch eine Art »Klassentreffen“ für alle Indie-Macher ist, und dass da mehr passieren sollte?

JAN: Die Indie-Gemeinde kommt weiter zur Popup zusammen. Klar kommen viele her und sehen ihre Kollegen wieder. Allerdings reagieren wir auch ganz klar auf diese Stimmen und bieten zum Beispiel mehr Fläche für Kommunikation, was bisher im Werk2 nicht so gegeben war. Das sehen wir als einen der Hauptpunkte, den wir gerade ausbauen. Außerdem erwarten wir dieses Jahr sehr viel mehr Fachbesucher.

kreuzer: Was heißt das genau?

JAN: Die Fachbesucher wollen einfach mit Labeln und Ausstellern ins Gespräch kommen und diese Möglichkeit bieten wir ihnen.

RONALD: Es gibt auch viele Leute, die kleinere Labels oder Agenturen gegründet haben und die Chance nutzen, hier ins Gespräch zu kommen, ohne etwas auszustellen, die sich deswegen als Fachbesucher angemeldet haben. Auch, weil sie vielleicht in Betracht ziehen, dort im nächsten Jahr selbst einen Stand zu haben. Was man auch nicht vergessen darf: Wir haben ja jetzt die Kantina, eine neue Bühne beim Volkspalast, auf die man vielleicht auch etwas größere Bands einladen kann. Es werden auch mehr lokale Bands auftreten, denen die Kantina direkt am Volkspalast sehr entgegen kommt.

RONALD: Wir werden uns überraschen lassen, welche neuen Ideen – die sich vielleicht im nächsten Jahr auch umsetzen lassen – durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten an uns herangetragen werden. Für uns ist es ja auch ein ganzes Stück mehr Arbeit, das Ganze in einer größeren Location stattfinden zu lassen. So wie ich das sehe, arbeiten schon jetzt viele Pop Up-Mitarbeiter des »harten Kerns« am Limit. Aber die neuen Kapazitäten, die wir haben, bieten natürlich auch Platz für neue Ideen.

kreuzer: Werden denn dieses Jahr mehr Aussteller als beim letzen Mal kommen oder haben die jetzt einfach nur mehr Platz?

JAN: Nein, es ist tatsächlich so, dass in diesem Jahr – wahrscheinlich auch durch die Wirtschaftskrise – weniger Aussteller kommen, als im Vorjahr.

kreuzer: Welche Highlights gibt es denn für euch persönlich in diesem Jahr?

JAN: The Teenagers samt Aftershow-Party im McCormacks Ballroom.

JAN: Scott Matthew wird sicher sehr schön.

RONALD: Ein wirkliches Highlight werden sicher auch The Legends – Schweden-Pop ist eh immer super! Ich persönlich finde auch Lacrosse genial. Die sind auch aus Schweden und werden in der Nato auftreten. Und um wirklich Party zu machen, sind natürlich auch Art Brut bestens geeignet.


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