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Kultur

Wenn lange Weile bedeutet, sich Zeit zu nehmen

DOK Leipzig widmet sich in diesem Jahr Klaus Wildenhahn und gibt tiefe Einblicke in dessen Arbeiten

  Wenn lange Weile bedeutet, sich Zeit zu nehmen | DOK Leipzig widmet sich in diesem Jahr Klaus Wildenhahn und gibt tiefe Einblicke in dessen Arbeiten

Klaus Wildenhahn zählt zu den bedeutendsten deutschen Dokumentarfilmern. Das »Direct Cinema« prägte seine Arbeiten, in denen er die Menschen so zeigt wie sie eben sind. Mit »498, Third Avenue« oder auch »Was tun Pina Bausch und ihre Tänzer in Wuppertal?« schuf er Dokumentarfilme, die heute zu den Klassikern des »Direct Cinema« gehören. Das DOK-Film-Festival würdigt Wildenhahn nun in einer eigenen Reihe und lockt damit den Filmemacher höchstselbst nach Leipzig.

»In London habe ich für fünf Pfund die Woche gejobbt. Außerdem habe ich in vier Jahren 14 Gedichte geschrieben«, erzählt Klaus Wildenhahn in einem seiner späten Filme über sich selbst. Er gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Dokumentarfilmer Deutschlands. Nach dem Abbruch seines Studiums arbeitete er in einer Londoner Nervenheilanstalt als Krankenpfleger. 1959 kam er schließlich nach Hamburg, wo er beim NRD landete und zunächst Werbespots für die ARD-Fernsehlotterie produzierte. Danach ging er zum Panorama Magazin, wo er erstmalig eigene Dokumentationen drehte. Im Laufe der 60er Jahre stieß er durch eine wichtige Begegnung mit dem britischen Dokumentarfilmer Richad Leacock dann auf das so genannte »Direct Cinema«, was seine weiteren Arbeiten stark prägte.

Bei dieser Art des Filmemachens wird die Kamera zur „Fliege an der Wand“. Warten, Beobachten und das Gesehene möglichst unbearbeitet wiedergeben, so lauten die zentralen Maximen. 1967 verschlägt es Wildenhahn in die New Yorker Kunstszene, wo er »498, Third Avenue« dreht, dem Wildenhahn'schen Klassiker des Direct Cinemas. John Cage, Velvet Underground und Andy Warhol – alles, was damals zur Avantgarde zählte, taucht darin auf. Im Fokus aber stehen Merce Cunningham und seine kurz vor der Pleite stehende Tanztruppe. Nicht der spektakuläre Auftritt interessiert Wildenhahn an ihnen, sondern die Arbeit, der Schweiß und die lange Weile, die eine solche Produktion braucht. Der ganz normale Probenalltag also.

Das gewöhnliche Leben in all seinen Facetten steht häufig im Zentrum seiner Filme. Die Menschen so zeigen, wie sie tatsächlich sind; den Augenblick einfangen, sich frei entfalten – und dem Zuschauer so die Möglichkeit geben, etwas über sie selbst zu erfahren. Von der besonderen Art des Beobachtens, die es braucht, um solche Situationen zu entdecken, wird Wildenhahn im Rahmen der »Meisterklassen« diese Woche beim DOK-Festival sprechen. Das widmet sich in einer Hommage, »Der stille Moment der Improvisation«, dem bedeutenden Dokumentarfilmer. Gezeigt wird eine kleine Auswahl aus seinen rund 60 Filmen, von denen nicht wenige so brillante Titel wie »Was tun Pina Bausch und ihre Tänzer in Wuppertal?« besitzen.


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