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Kultur

Lang lebe der französische Film

Von Doinel zu Dolan, von Frankreich nach Kanada: Ein kurzer Blick ins Programm der 16. Französischen Filmtage

  Lang lebe der französische Film | Von Doinel zu Dolan, von Frankreich nach Kanada: Ein kurzer Blick ins Programm der 16. Französischen Filmtage

Mit leisen Erinnerungen an die Nouvelle Vague, durchgeknallt farbenfrohen Komödien, zügellosen Nymphomaninnen und einem Blick auf nicht weniger als 50 Jahre französische Filmgeschichte präsentieren sich die 16. Französischen Filmtage. Eine Woche lang laufen in den Passage Kinos und der Schaubühne Lindenfels Dutzende frankophone Streifen, Dok- und Animationsfilme, Previews und Retrospektiven.

Als 14-jähriger debütierte Jean-Pierre Léaud in Francois Truffauts »Sie küssten und sie schlugen ihn« (1959). Die Rolle des Antoine Doinel, eines widerspenstigen wie zerbrechlichen Stadtkindes, machte ihn zum Aushängeschild des europäischen Autorenkinos. Dieses Jahr ist Léaud 66 Jahre alt geworden und die Französischen Filmtage nehmen das zum Anlass, dem Franzosen eine Retrospektive zu widmen und eine Antoine Doinel-Reihe zu zeigen.

Léauds aktueller Film »Visage« von Tsai Ming-Liang erweckt den alten Salomé-Mythos auf poetisch verrätselte Weise zu neuem Leben. Mit »Visage« drehte der taiwanesische Regisseur bereits zum zweiten Mal in Frankreich und lässt erneut leise Erinnerungen an die Nouvelle Vague aufklingen. Inspiriert von François Truffaut engagierte er nicht nur Léaud als dessen liebsten Hauptdarsteller, sondern auch gleich noch weitere Schauspieler wie Jeanne Moreau und Fanny Ardant, die erfolgreich für Truffaut vor der Kamera standen. »Visage« bildet den Auftakt der diesjährigen Filmtage.

Mit weiteren Filmen Léauds blicken die Filmtage nicht nur bis zu den Anfängen der Nouvelle Vague zurück, sondern lassen ihre Blicke über 50 Jahre französische Filmgeschichte schweifen. Im Mittelpunkt jedoch stehen auch in diesem Jahr aktuelle Produktionen aus Frankreich und Kanada. Unter dem Motto »cinémoi« kann das Leipziger Publikum in zahlreichen Previews entdecken, was es Neues an der frankophonen Front gibt. Durchgeknallt und farbenfroh geht es in »Le Voyage aux Pyrénées« von den Brüdern Arnaud und Jean-Marie Larrieu zu, einer verrückten Komödie über eine berühmte Schauspielerin, die eine geheime Reise in die Berge antritt, um ihre zügellose Nymphomanie zu heilen. Eine Erfahrung, die die eigenen Erwartungen und die des mitgereisten Ehemannes weit übertrifft.

»J'ai tué ma mère«, der erste Langfilm des kanadischen Shooting-Stars Xavier Dolan, porträtiert einen heftig pubertierenden, homosexuellen Teenager, der extrem genervt von seiner allein erziehenden Mutter sich diese gern mal als Tote vorstellt. Jean Becker erzählt in »La tête en friche« von jenen Begegnungen, die das ganze Leben umkrempeln können, in diesem Fall von Germain, einem einfachen ungebildeten Arbeiter und Margueritte, einer kultivierten, gut 40 Jahre älteren Dame. Olivier Assayas' gefeiertes Terroristenporträt »Carlos – Der Schakal« wird noch einmal in der Fünf-Stunden-Fassung gezeigt, bevor es in die offizielle Kinoauswertung geht und dann auf drei Stunden abgespeckt wird.

In einem Schauspielerporträt erinnert das Filmfest an Guillaume Depardieu, der vor zwei Jahren an den Folgen einer akuten Lungenentzündung verstarb. In den Fokus rücken die letzten Arbeiten des Franzosen, gezeigt wird unter anderem das berührende Drama »Versailles«, in dem Depardieu einen ruppigen Aussteiger gibt, der in den Wäldern um Versailles haust und sich als Ersatzvater beweisen muss.

Ein besonderer Fokus liegt in diesem Jahr auf dem Dokumentar- und Animationsfilm. In Kooperation mit DOK Leipzig und dem Animationsfilmfest von Annecy gewähren die Filmtage Einblick in das Schaffen junger FilmemacherInnen aus Frankreich und Belgien. Insgesamt werden zu den 16. Französischen Filmtagen knapp 40 Filme gezeigt.


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