Das Festival präsentierte sich im Juli mit den Konstanten, zu denen wieder die Elemente Feuer und Wasser (natürlich auch Feuerwasser…) gehörten. Das Splash 2011 war künstlerisch vielseitig, räumlich kompakter und zog mehr Besucher an.
Wie viele genau anreisten – da hüllen sich die Macher wie immer in Schweigen. Aus sicherer Quelle wissen wir, dass deutlich mehr gekommen waren als 2010. Auf die Bühne am kleinen Strand wurde verzichtet, was das Wechseln zwischen den beiden großen Bühnen vereinfachte und lange Wege ersparte. Auffällig schien, dass vor allem an den ersten beiden Abenden die berühmtesten Künstler nicht unbedingt als Schlussakkord gespielt wurden. Beispiel: die legendären Public Enemy, die vor Dendemann auftraten. Flavor Flav und Co. zogen das gleiche Programm durch, das sie bereits Ende letzten Jahres in Deutschland gezeigt hatten. Die frühen Helden von Botschaften radikalen Inhalts genossen die Tuchfühlung und verschwanden für ein Bad in der Menge kurzerhand mit ihren Mikrofonen beim Publikum im Seitenrang.
Dendemann kam anschließend und präsentierte auf der Hauptbühne sich mit seiner Hamburger Schnoddrigkeit als Mischung aus dem frühen Westernhagen, Konny Reimann und Kid Rock. Passend zu Dendemanns VoKuHiLa und OLiBa ironisierte ein Mitspieler von ihm, indem er im Ballonseidenjogginganzug auftrat. Die Musik sagte vielen aber zu…
US-Stars am Stück gab es am Abschlusstag. Mit dem Booking von Janelle Monae bewiesen die Organisatoren Mut und allein die Anwesenheit der Chanteuse des Soul lieferte für viele einen Grund genug, nach Ferropolis zu fahren. Die Monae biss sich am Anfang des Konzerts wohl auf die Zunge, weil sie sicher ein zahlenmäßig größeres Publikum erwartet hatte. Diejenigen, welche unter Black Music mehr verstehen als Rap, goutierten aber die als Musiktheater inszenierte Opernaufführung. Wie in den Konzerthallen streifte die Sängerin Gospel, Punk, Jazz und Rock, statt des Konfettiregens wurden schwarze und weiße Luftballons ins Publikum geschleudert. Die Monae malte ein Bild und dirigierte nicht nur ihre Bühnenarbeiter, sondern die Menge, die wie zur Verheißung vor ihr niederkniete. Als Abmarschgesang für den starken Auftritt wurde »Purple haze« von Jimi Hendrix eingespielt. Zutreffender konnte der Bogen nicht gespannt werden, auch wenn das wunderbare Mahl geschätzten 95 Prozent der Besucher wahrscheinlich zum ersten Mal vorgesetzt wurde.
Als hätte er es herausgefordert, kam mit Lupe Fiasco das Fiasko: zwischen geschmeidigen Frühwerken wie »Kick, push« und Spielereien mit Sounds aus dem 1990er Großraum (»James Brown is dead«) schleuderte der Rapper mehrfach Wasserflaschen in den Himmel über dem Publikum. Diese Geste wurde offenbar von jemandem (falsch) verstanden und es hieß Wasser marsch – irgendwie gehört Regen zum Splash dazu. Trocken blieb es nur unter dem Dach der benachbarten Bühne, wo dicht gedrängt der Oldie-Show von Onyx gelauscht wurde. Die Jungs mit den grimmigen Blicken spielten viel Material von den ersten beiden Alben, »Slam« durfte nicht fehlen und hunderte grölten »döt döt döt döt döt döt« zurück. Dass De La Soul wegen einer peinlichen Buchungspanne nicht nach Deutschland kamen, störte wenig, Big Boi war ein guter Ersatz. Wer den großen Jungen aus der großen Stadt in Georgia sehen wollte, wurde nass, dafür aber mit dicken Crunk-Sounds, wuchtigem Booty und OutKast-Hits wie »ATliens« entschädigt. Cypress Hill konnten den Auftritt aus Atlanta eigentlich nicht mehr toppen. Dennoch feierten die Fans alte Hits und Klassiker neueren Datums vom Zypressenhügel als Abschlussparty des Splash 2011. In Erinnerung bleibt auch der aus Kalifornien mitgebrachte DJ, der sich mit den Percussions förmlich duellierte und dabei Electro Funk-Samples gegen die Congas warf. Soviel Leben auf der Bühne machte die einstündige Rückfahrt nach Leipzig erträglich, bei der ich dunkle und scheinbar nicht mehr bewohnte Orte durchfuhr, die komische Namen wie Wellaune tragen.
Summa summarum stimmte die Mischung der Künstler auch in diesem Jahr. Das kompaktere »Splash der kürzeren Wege« hat sich bewährt. Mit Janelle Monae blickten die Kuratoren über den Tellerrand hinaus. Ein solcher Bildungsauftrag sollte 2012 ebenfalls erfüllt werden. Als Künstler böten sich Rahsaan Patterson, Musiq Soulchild, Angie Stone, Maxwell und Anthony Hamilton an. Und vielleicht sind diejenigen wenigen unter den vielen im nächsten Jahr erwachsener und zündeln wenigstens nicht mehr auf dem Klo, um anstelle von Feuerwehreinsätzen Kunst finanzieren zu können. Abgebrannte Zelte und Regen – die Konstanten werden beim Splash 2012 sicher nicht fehlen…