Das Biopic »Die eiserne Lady« über das Leben von Englands erster Premierministerin Margarete Thatcher überzeugt in erster Linie wegen der grandiosen Schauspielleistung von Meryl Streep. Allerdings nimmt es der Film mit der Historie nicht ganz so wichtig.
Eine gedankenverlorene und zittrige alte Frau in Trenchcoat und Gesundheitslatschen steht vor dem Milchregal in einem Londoner Cornershop. Etwas unbeholfen vergleicht sie die Preise, während sich andere Kunden hektisch an ihr vorbei drängeln. Seit bei ihr eine fortgeschrittene Demenz festgestellt wurde, soll sie nicht mehr alleine das Haus verlassen. Schon in den ersten Minuten von »Die eiserne Lady« wird der Zuschauer mit einem ungewöhnlichen, fast schockierenden Bild von Margarete Thatcher – großartig gespielt von Meryl Streep, die dafür auch vergangenes Wochenende den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle erhalten hat – konfrontiert.
In Rückblenden offenbart Regisseurin Phyllida Lloyd in ihrem Biopic den Weg von Englands erster Premierministerin vom Unterklasse-Mädchen zur Regierungschefin. Am Rande werden jene Ereignisse gestreift, die den dramatischen Teil von Thatchers Karriere geformt haben: Falkland-Krieg, Mienenarbeiterstreik und der Nordirland-Konflikt. Der Kontext, in dem sich Thatcher politisch bewegte, wird allerdings zu wenig herausgeschält. Stattdessen konzentriert sich Lloyd ganz auf die nach mehreren Schlaganfällen demente Thatcher der Jetztzeit, die immer wieder ihren verstorbenen Mann halluziniert und in Erinnerungsfetzen auf mehrere Jahrzehnte britische Geschichte zurückblickt.
Das Biopic ist seither ein beliebtes wie auch prekäres Genre. Im Fall der eisernen Lady zeigen das die kontroversen Diskussionen in England, die lange vor dem Kinostart des Filmes einsetzten. Während den Konservativen der Film über eine der wohl einflussreichsten Politikerinnen der Welt zu persönlich erscheint, urteilten die Liberalen wiederum, dass der Film zu unpolitisch und verharmlosend sei. Und in der Tat: Margarete Thatcher wirkt in dem ganzen Film äußerst sympathisch. Phyllida Lloyd konzentriert sich auf die alternde Lady, die am Frühstückstisch mit ihrem verstorbenen Mann einen Plausch hält und zur Musik mit ihm durchs Wohnzimmer tanzt.
Aus der fiktiven Sicht der über 80-jährigen Thatcher erzählt, lässt Phyllida Lloyds Film letztlich einige Fragen über die umstrittene Regierungschefin und ihre Politik offen. Das war, so die Regisseurin in einem Interview, auch nicht ihre Absicht: »Letztendlich ist es eine Geschichte, die viel weiter reicht, als der politische Aspekt. Es ist die Story eines großartig gelebten Lebens und der Tatsache, die wir am Ende akzeptieren müssen: Wir werden allein geboren und müssen am Ende auch alleine dieses Leben verlassen.«