Seitdem Apollo-Radio die Sendungskosten nicht mehr übernimmt, steht jedes Jahr aufs Neue die Existenz von Radio Blau in Frage. Nun versucht der freie Sender, durch Paten und Spenden genug Geld zu sammeln, und kritisiert die Landesregierung.
Gertrude wohnt in der Josephstraße, ist schwarz gefiedert und legt grüne Eier. Eier legen andere Hühner auch, manche sogar grüne. Trotzdem ist Gertrude ein ganz besonderes Huhn. Wer will, kann ihre grünen Eier gegen eine Spende von 50 Cent erwerben. Der Erlös kommt Radio Blau zugute. So leistet Gertrude einen Beitrag zum Erhalt des von finanziellen Nöten geplagten Bürgerradios und ist gleichzeitig seine Patin.
Patentante oder -onkel kann aber auch werden, wer kein Huhn ist: Für 100 Euro allein oder in der Gruppe als Patenbrigade für 150 Euro. Auch Sendezeitspenden sind möglich. Die Nachbarschaftsgärten Lindenau, in denen das Huhn Gertrude zu Hause ist, sind die erste Patenbrigade der Spendenkampagne, die dieses Jahr in die zweite Runde geht. »Wir können uns mit Radio Blau sehr gut identifizieren«, sagt Sven Riemer, Vorstandsvorsitzender der Nachbarschaftsgärten. Wie Radio Blau sind die Gärten ein Projekt, das von Ehrenamtlichen getragen wird, die aus Lust an der Sache arbeiten.
2009 wurde der Vertrag des Radios mit dem Radiosender Apollo, der die Sende- und Leitungskosten der gemeinsam genutzten UKW-Frequenz übernahm, nicht verlängert. Seitdem ist die finanzielle Situation von Radio Blau prekär. 25.000 Euro für die Nutzung der UKW-Frequenz benötigt das Radio nun zusätzlich zu den etwa 20.000 Euro für die Betriebskosten wie Miete, Energie und Technik. Seit drei Jahren unterstützt die Stadt Leipzig Radio Blau mit etwa 10.000 Euro im Jahr, die sächsische Landesmedienanstalt mit 8.600 Euro. Diese Gelder reichen nicht aus, auch wenn man die 6.000 Euro, die das Radio durch Mitgliedsbeiträge einnimmt, hinzurechnet. Außerdem ist die finanzielle Unterstützung der Stadt und der Landesmedienanstalt nicht sicher, da sie jedes Jahr neu beantragt werden muss.
»Wir wollen eine dauerhafte institutionelle Förderung vom Land Sachsen«, fordert deshalb Beate Dietrich, Sprecherin von Radio Blau. Die Landesregierung könne sich hinter einem unklar formulierten Gesetz verstecken und zahle deshalb nichts, und eine Landtags-Mehrheit für die Änderung des Gesetzestextes gebe es im Moment nicht. Dabei sei die Förderung von freien Radios in anderen Bundesländern üblich.
Im letzten Jahr hat das Radio durch Spenden 15.000 Euro eingenommen. Auch dieses Jahr ist Radio Blau auf diese Hilfe angewiesen, wenn es weiter bestehen will. »Bis jetzt haben wir es immer wieder geschafft«, sagt Beate Dietrich, »das macht Hoffnung.«