Die Liedermacherband Strom & Wasser macht zusammen mit Asylbewerbern Musik. Gemeinsam haben sie ein Album aufgenommen, nun gehen sie auf Tour. Das ist nicht immer einfach.
Der Liedermacher Hans Ratz war erschüttert, als er auf seiner Tour durch Deutschland knapp 80 Asylbewerberheime besuchte. Erschüttert von der hoffnungslosen Situation der Flüchtlinge, von einer Rechtssprechung, die, wie er sagt, »nichts mehr mit Demokratie und Menschenrecht zu tun hat«, von dem geistigen Stillstand, in den Flüchtlinge gezwungen werden, der Bevormundung, den unzumutbaren hygienischen Verhältnissen und der unzureichenden medizinischen Versorgung. »Aus all dieser Traurigkeit wollte ich noch etwas Buntes und Hoffnungsvolles schaffen«, sagt er. Musik. Denn in den Heimen traf er viele Musiker, die in ihren Heimatländern oft nahezu berühmt waren, hier aber keine Möglichkeit haben, sich zu entfalten. »Ich kann dort nicht ich selbst sein, ich muss immer sagen, was ich tue oder wohin ich gehe«, erklärt der 29-jährige Sam, der seit vier Jahren in einem Flüchtlingsheim in Reutlingen wohnt. Seine größte Angst ist, nicht weiter in seiner neuen Band mitmachen zu dürfen.
Denn Ratz beschloss, mit den Musikern Lieder aufzunehmen und ihnen eine Bühne zu geben. Ein gute Idee erstmal, doch wie so oft war die Welt noch nicht bereit. »Wir hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen – nicht nur organisatorisch«, sagt Ratz. »Viele Flüchtlinge sind nur begrenzt telefonisch erreichbar, Internet-Nutzung gibt es in den Heimen oft nicht oder nur sehr eingeschränkt – und auch die Behörden legten uns Steine in den Weg.« So gab es immer wieder Polizeikontrollen, vorgegebene Reiserouten, für die es galt, Sondergenehmigungen einzuholen und oder auch Fälle, in denen Frauen dem Projekt nicht trauten und nicht alleine nach Hamburg zu den Aufnahmen nach Hamburg fahren wollten. Schlimmer noch: »Fast alle Roma, die ich im Frühjahr kennen gelernt hatte, waren mittlerweile abgeschoben worden«, erklärt Ratz. »In einem konkreten Fall wurde mir zuletzt angeboten, den betreffenden Musiker doch einzustellen, allerdings müsste ich ihm ein Jahresgehalt von mindestens 60.000 Euro garantieren.« Doch garantieren konnte Ratz gar nichts. Vielmehr musste er immer wieder Geld auftreiben, um sein Projekt weiterzubringen. Unterstützt wurde er dabei sowohl von Fans seiner Band Strom & Wasser als auch von Organisationen wie Pro Asyl oder der Rosa Luxemburg-Stiftung.
Und so klappte es dann doch. Strom & Wasser feat. The Refugees war geboren und brachte im Frühjahr ihre Platte heraus. Mit Musikern aus Gambia, Iran, Afghanistan, Kenia, Russland und anderen Ländern. Weltmusik im wahrsten Sinne des Wortes. Sie begleiten nicht nur die Akustikgitarrensongs von Ratz, sondern bringen Reggae mit ein, trommeln afrikanische Rhythmen oder rappen und singen. Und gehen nun, wenn keiner abgeschoben wird, gemeinsam auf Tour.