360 Filme aus 62 Ländern zeigt das Dok Leipzig in dieser Woche. »Da ist für jeden was dabei«, hat die Festivalleitung gesagt. Für alle, die sich nicht entscheiden können, hier unsere Tipps für Mittwoch.
»Pablo's Winter« (Generation DOK)
Pablo war einer der letzten Arbeiter der Quecksilbermine im spanischen Almadén – ein Ort, dessen beste Zeiten schon lange Vergangenheit sind. Der sture, alte Mann lässt das Leben an sich vorbeiziehen, sieht zu viel fern und raucht in Ketten. Nicht nur seine Frau, sondern auch sein Arzt rät ihm, es sein zu lassen. Doch das scheint Pablo nicht zu interessieren. Bis er sich plötzlich aufrafft, alte Freunde besucht, spazieren geht und sich mit einem kleinen Jungen aus dem Dorf anfreundet. Ihm bringt er nicht nur das Fahrradfahren bei, sondern geht gemeinsam mit ihm auf Erkundungstour durch die ehemalige Mine. In schwarzweißen, wunderschönen und berührenden Momentaufnahmen zeigt der Film nicht nur den tristen Alltag des Rentners. Er arbeitet auch die Geschichte um den Niedergang der lokalen Minen-Industrie auf und schafft es, den Zuschauer zur selben Zeit lachen und weinen zu lassen. NIKTA VAHID
GB 2012, 76 min, R: Chico Pereira
17.30 Uhr, CineStar, zudem: Freitag 20 Uhr, CineStar
»Mansfeld« (Deutscher Wettbewerb)
Mario Schneiders beeindruckender Film beginnt mit einem Peitschenknall. Und noch einem. Eine seltsame Sportart scheinen sich die drei neunjährigen Jungs Sebastian, Tom und Paul für ihre Freizeit im Mansfelder Land gewählt zu haben. Im Schatten einer alten Bergbaukippe wachsen sie auf. Und ein großes Ereignis steht an, denn Pfingsten hat in dieser Ecke Sachsen-Anhalts eine ganz besondere Bedeutung: Ein großes, wildes Fest muss gefeiert werden, um die Wintergeister zu vertreiben, mit den peitschenden Jungs in der ersten Reihe. Wo sie sonst im Leben und in ihren Familien stehen, zeigt der genau beobachtende Filmemacher, der vor Ort den Alltag vertrauensvoll und sehr nah dokumentiert hat. Kleine Details und große Fragen kommen auf und trotz aller Tristesse sind da Hoffnung und Träume. MARET WOLFF
DE 2012, 98 min, R: Mario Schneider,
16.30, CineStar, zudem: Freitag, 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels. Samstag, 22.15 Uhr, Passage
»Sofia's Last Ambulance« (InternationalerWettbewerb)
Erschöpft warten der Arzt Krassi, die Rettungsassistentin Mila und ihr Fahrer Plamen im engen Innenraum ihres Krankenwagens auf weitere Einsatzbefehle. Die Verbindung zur Zentrale ist mal wieder unterbrochen, also reden sie über Befindlichkeiten und blicken Zigaretten rauchend auf die chaotische Welt vor ihrem Auto. Sie sind eines von nur 13 Notfallteams in der Millionenmetropole Sofia. Ilian Metev, der 2008 für »Goleshovo« die Talent-Taube gewann, dokumentiert den harten und irrwitzigen Arbeitsalltag der drei und zeigt, wie sie auf verlorenem Posten Menschenleben zu retten versuchen. Dabei konzentriert sich Metev ausschließlich auf seine drei Protagonisten, lässt die Kamera auf ihren Gesichtern verharren. Der Film zeichnet aber nicht nur das sympathische Porträt eines Rettungsteams, das tagtäglich Krisensituationen meistert, sondern auch das ungeschönte Bild einer Stadt, deren System auf arg wackligen Beinen steht. EILEEN REUKAUF
BG/HR/D 2012, 75 min, R: Ilian Metev
17 Uhr, CneStar,zudem:Samstag,22.15, CineStar
»Documentarian« (Internationaler Wettbewerb)
Inta ist eine schroffe, einsame Frau, die isoliert an der Grenze zu einem Moor im lettischen Niemandsland vor sich hin lebt. Ganz die schnippische Entrüstungsdiva ist sie äußerst grob im sozialen Umgang, wirft mit derben Worten nur so um sich, ist strikt homophob, ungezähmt, cholerisch, hat im Leben viel durchgemacht und die Welt einfach durchschaut. Klingt doch wie eine Einladung, einen Dokumentarfilm über Inta zu drehen. Dachte sich auch der Regisseur, der sich mit Gelassenheit und einer guten Portion Humor der alten Furie langsam annähert. Das wechselhafte Verhältnis zwischen den beiden bildet den roten Faden der Geschichte. »Documentarian« reflektiert über Freundschaft, Einsamkeit, Alter und setzt sich nicht zuletzt selbstkritisch mit dem eigenen Medium auseinander. Sehr sehenswert! STEPHAN LANGER
LV 2012, 82 min, R: Ivars Zviedris, Inese Klava
22.15, CineStar, zudem:Freitag,14 Uhr, CineStar
»Dragan Wende – West Berlin« (Internationales Programm)
Dragan Wende, Held unzähliger Familiensagen, hat es in Berlin zu etwas gebracht. Sein Neffe, der Kameramann Vuk, findet in Berlin, was vom berühmten Onkel übrig geblieben ist: einen alternden Gauner, der in der goldenen Ära West-Berlins dabei war. Während sich sein Vater Mile, den das Wirtschaftswunder als Gastarbeiter lockte, als Maurer plagte, zog es Dragan ins Nachtleben und die Halbwelt. Er arbeitete für Rolf Eden, doch der Playboy erinnert sich kaum an die Leute, die ihn auf den gerahmten Fotos umarmen, die in Dragans schäbiger Bude einen Ehrenplatz einnehmen. Er quält sich in schmuddeligen Bordellen für wenige Kröten, mit denen er Alk und Kippen kauft, und glaubt wohl selbst nicht mehr, dass er jemals ein Gewinner war. Petrovic und Müller galoppieren durch ein funkelndes West-Berlin, das genau wie der gescheiterte Pimp seinen Glanz von einst verlor. DENIS DEMMERLE
DE/RS 2012, 94 min, R: Dragan von Petrovic, Lena Müller
11.30 Uhr, Passage, zudem: Samstag 20 Uhr, naTo, Sonntag, 20 Uhr, Passage
Auch empfehlenswert:
Breathing Earth (Internationaler Wettbewerb)
Der Japaner Susumu Shingu arbeitet mit Wasser und Wind und entwirft eigentümliche kinetische Skulpturen. Er will einen Ort der Inspiration schaffen. 10:30 Uhr, CineStar
Auf der Suche nach Abenteuern (Anima für Kinder)
Verrückte Tiere: Es gibt fernsehsüchtige Hamster, einen Hund, der sich mit einer Katze streitet und einen kleinen Eskimo, der seine Heimat retten möchte. 11 Uhr, Passage Kinos
A Perfect Candidate (Best of POV)
Ein charismatischer Kandidat im Wahlkampf um den Senatorenposten in Virginia und sein demokratischer Widersacher. Die Mechanismen der Politik und ihre Strippenzieher. 17:30 Uhr, Passage Kinos
Adam 2 (Hommage Borresholm)
Adam reist per Fahrrad und Zeitmaschine durch eine Welt von Lemuren und Phantasmen. Surrealistischer Zeichentrick zwischen Monty Python und Kafka. 22:15, Cinémathèque in der naTo