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Im Abseits alleine tanzen

Die Donnerstagstipps fürs Dok

  Im Abseits alleine tanzen | Die Donnerstagstipps fürs Dok

360 Filme aus 62 Ländern zeigt das Dok Leipzig in dieser Woche. »Da ist für jeden was dabei«, hat die Festivalleitung gesagt. Für alle, die sich nicht entscheiden können, hier unsere Tipps für Donnerstag.

»Das Venedig-Prinzip« (Deutscher Wettbewerb)

Dass Venedig zur Puppenstube verkommt, hat sich ja schon herumgesprochen. Massen von Touristen in den Gassen, Massen von Booten auf den Kanälen, Massen von Menschen auf den riesigen Kreuzfahrtschiffen, die in der Stadt alles platt walzen könnten. Nachts dagegen ist es eine Geisterstadt, weil nur noch wenige tatsächlich hier wohnen – der rare Raum ist teuer. Diejenigen, die hier Geld lassen, kaufen einen Abklatsch der Vergangenheit. Am berühmten Maskenball nimmt nur noch der internationale Jetset teil. Der Film bündelt verschiedene Stimmen, um in reibungsloser Dramaturgie das Ausmaß dieses Niedergangs zu zeigen, in dem die Infrastruktur verschwindet und die Einwohner vertrieben werden. Dass er keine Lösungsansätze aufzeigt, liegt wohl daran, dass es keine gibt. FRANZISKA REIF

AT/DE/I 2012, 80 min, R: Andreas Pichler

14 Uhr, Schaubühne Lindenfels, zudem: Sa, 14 Uhr, CineStar

»Alleine Tanzen« (Deutscher Wettbewerb)

Wie bei allen Reisen, auf denen man einen Rucksack voller Fragen an die eigene Vergangenheit trägt, wird die Tasche zwar leichter, doch der Schmerz eher mehr. Die junge Deutsch-Türkin Biene hat früh ihre Familie verlassen und kehrt nun zurück, um sowohl Geschwister als auch die Mutter zu beobachten, zu befragen und zu verstehen. Mithilfe alter Familienvideos und ihrer inneren Erzählung offenbart sich nach und nach eine Familiengeschichte, unter deren normaler Oberfläche furchtbare Geschehnisse ruhen. Die einst verlorene Tochter stößt gegen Wände des Schweigens und der Verdrängung. Offensiv sucht die Regisseurin nach der Wahrheit und fährt zum Schluss sogar zum Vater in die Türkei. Doch im Leben tanzt sie allein. MARET WOLFF

DE 2012, 95 min, R: Biene Pilavci

22 Uhr, CineStar, zudem: Fr, 22 Uhr, Schaubühne Lindenfels, Sa 20 Uhr, So 10.30 Uhr, CineStar

»Machine Which Makes Everything Disappear« (Generation DOK)

Viele Menschen wollen gerne die Hauptrolle in einem Film spielen, den Helden geben. Sie folgen einem Casting-Aufruf und treten so vor die Kamera der Regisseurin, der sie ihr Leben anvertrauen: der kleine Junge, der auf den Feldern aushilft und sich um seinen Vater im Krankenhaus sorgt, das 17-jährige Mädchen, das Wissenschaftlerin werden will, um etwas zu erfinden, das allen nützt, der junge Mann, der Vorsteher in einem Dorf voll zahnloser Greise ist, der 56-jährige Hobbyfotograf, der, längst Großvater, seine Jugendliebe nicht vergessen kann, die Frau, die sich entschließt, nach Jahren ihre Mutter zu treffen. Krieg, Religion, Armut und Alltagssorgen bestimmen die Geschichten, die ein Kaleidoskop des heutigen Georgiens bilden. FRANZISKA REIF

GE 2012, 95 min, R: Tinatin Gurchiani

20 Uhr, Sa 10.30 Uhr, CineStar

»Randland« (Deutscher Wettbewerb)

»Randland« ist die Reise mitten hinein ins Abseits der deutschen Gesellschaft. Ziel ist Wischershausen, ein kleines Nest voll melancholischer Tristesse in Mecklenburg-Vorpommern. Dort passiert – wirklich – fast gar nichts. Menschen wie Landwirt Max oder Dreher Harry, der von einer weißen Nacht in seinem Camper am Nordkap träumt, gehen wie alle anderen im Dorf unerschütterlich ihrem Alltag nach. Sie machen das, was sie immer gemacht haben, ganz gleich in welchem System (früher machte es jedoch mehr Spaß): durchkommen, so gut es eben geht. Das wird in Zeiten von Jobcenter und zunehmender Technisierung der Höfe allerdings immer schwieriger. Ein leiser Film über harte Arbeit, die Liebe, das Bier im Morgengrauen, übers gemeinsame Schweineschlachten und gestreute Asche im Schnee. STEPHAN LANGER

DE 2012, 88 min, R: Leopold Grün, Dirk Uhlig

18.30 Uhr, CineStar, zudem: 17.30, Passage Kinos

 

Auch empfehlenswert

The Last Station (Internationaler Wettbewerb)

Alte Menschen sitzen auf den Gängen oder in abgedunkelten Zimmern. Wie ein riesiger Wartesaal mutet das Altenheim im chilenischen Hinterland an. Ruhiger, berührender Film übers Älterwerden. 12:30 Uhr,  CineStar

The Land Beneath The Fog (Wettbewerb für junges Kino)

In Indonesien kämpft eine Bauernfamilie mit verschobenen Jahreszeiten und Missernten. Intimer Blick in den Familienalltag und auf die Folgen des Klimawandels. 14:30 Uhr,  CineStar

Schicksale (Animadok)

Eine alte Frau erzählt von ihrer Flucht aus Schlesien in den deutschen Westen, ein Filmemacher reflektiert über Erinnerungen, der andere blickt auf den Drogenalltag in Mexiko. 17 Uhr, Passage Kinos

Anatomie des Weggehens (Internationales Programm)

Eine Familie, die in der Zeit der Diktatur Ceausescus nach Deutschland emigrierte, stellt sich ihrer Vergangenheit. Aufwühlende Familiengeschichte. 17:30 Uhr, Cinémathèque in der naTo


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