Die Zukunft der Distillery ist ungewiss. Aus Protest gegen Bebauungspläne wird am Samstag auf der Kurt-Eisner-Straße demonstriert und getanzt.
Gerade feierte sie ihr 20-jähriges Bestehen, der Film über sie kommt heraus, doch die Zukunft der Distillery ist ungewiss. Der Bayerische Bahnhof samt Umgebung soll umgestaltet werden, auf der Fläche der Distillery sind laut des derzeitigen Plans, der den Wettbewerb zur Entwicklung des Stadtraumes Bayerischer Bahnhof gewann, eine Straße und Wohnhäuser vorgesehen. Die Betreiber des Technoclubs wurden in die Planung nicht einbezogen. »Wir stehen immer wieder vor vollendeten Tatsachen, werden vertröstet mit schwammigen Aussagen und Lippenbekenntnissen zu unserer Zukunft und bekommen immer mehr das Gefühl, dass die Verantwortlichen auf Zeit spielen und am Ende dann doch das Geld die Welt regiert«, erklärt Martin Driemel, Sprecher der Distillery.
Nun wollen sie sich mit einer Party Gehör verschaffen. Am Samstag soll ab 16 Uhr auf der Kurt-Eisner-Straße vor dem Club getanzt werden. Es treten und legen auf: Pascal Feos, Ronny Trettmann, Daniel Stefanik, Gunjah, Juno6 und viele andere. Auf die Straße gehen und tanzen ist eine gute Tradition in der Geschichte des wohl bekanntesten Clubs der Stadt. Schon 1994 haben Rathauspartys den Club gerettet. Damals tanzten über 1.000 Menschen vor dem Leipziger Rathaus für den Club. Dieser musste damals zwar umziehen, konnte aber weiter bestehen. Ein Umzug sei diesmal keine anstrebenswerte Option. »Das birgt viele Risiken«, erklärt Betreiber Steffen Kache, der sich aber schon nach Alternativobjekten umsehen muss. »Wenn man deswegen pleite geht, ist das noch schlimmer, als dichtzumachen.« Gerade war er bei Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau, die den Verbleib der Distillery am jetzigen Ort nicht realistisch sehe. »Das würde die bisherigen Planungen über den Haufen schmeißen, meinte sie«, so Kache.
Doch Unterstützung bekommt der Club inzwischen auch im Stadtrat. So fordern in einem Antrag für die Ratsversammlung Sozialdemokraten, Linke und Grüne eine Änderung der Bebauungspläne. »Aus kultur- und tourismuspolitischen Gründen sollte es im ureigensten Interesse der Stadt sein, die Distillery an ihrem Ort zu erhalten«, heißt es in dem Papier, das nach der Stadtrats-Sommerpause behandelt werden soll. Doch auch wenn Politiker immer wieder beteuern, dass die Distillery wichtig für die Stadt ist, auch wenn Wolfgang Tiefensee und Stadtratsmitglieder bei der Kundgebung sprechen wollen, hat Kache das Gefühl, dass die Stadtplaner durchaus kreativer sein könnten beim Lösungsfinden. »So sehr sich die Stadt Leipzig mit ihrer lebendigen Kreativwirtschaft nach außen profilieren möchte, gern das New Berlin wäre und die Provinzialität hinter sich lassen will – bei der Planung zum Bayerischen Bahnhof haben sie da wohl was vergessen«, prangert die Crew der Distillery im Protestaufruf an. So soll die Tanz-Kundgebung nicht nur erreichen, dass die Macher eine klare Antwort auf die Frage bekommen, ob die Distillery an ihrem jetzigen Ort bleiben kann, sondern auch ein Zeichen setzen, das Stadtentwicklung alle etwas angeht, und ein Recht auf Mitbestimmung einfordern. »Wir wollen der Stadt zeigen, dass es nicht ein Einzelinteresse der Distillery ist, hier bleiben zu können, gegen das Interesse vieler Bürger, die dort wohnen wollen«, hofft Kache auf viele Teilnehmer, »sondern dass sie tausenden Leuten wichtig ist.«