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Stadtleben

»Verschwommenes, menschenleeres Bild«

Uns wurde eine fiktive Fotografie der Völkerschlacht zugesandt

  »Verschwommenes, menschenleeres Bild« | Uns wurde eine fiktive Fotografie der Völkerschlacht zugesandt

Zu unserer Oktober-Ausgabe erhielten wir einen Leserbrief mit Bitte um Veröffentlichung samt eingereichtem Bild. Dieser Bitte gehen wir gerne nach und tippten den säuberst handgeschriebenen Text ab.

Wertes KREUZER-Team!

Euer Oktober-Thema Völkerschlacht war angemessen gegen den Strich gebürstet interessant und nachdenklich genug, um es sofort von vorn bis hinten durchzuarbeiten. Danke! Auch ich habe mir ein Bild der Völkerschlacht gemacht.

Eine Fundgrube bot mir die Geschichte der Fotografie und die Erkenntnis, dass durchaus schon 1813 das wie auch immer geartete Foto hätte entstehen können.Da, wie anzunehmen ist, der Sohn des ersten Fotografen der Welt, der Sohn Joseph Nicéphore Niépces seinen Dienst, wie jeder andere gute Franzose, seinen Dienst in der Armee Napoleons tat, als Adelssproß allerdings nicht mit einer Waffe herumlaufen musste, sondern eine Apparatur seines Vaters mit sich führte.

Diese frühe Camera Obscura sollte allein dem Zweck dienen, die Ruhmestaten des Kaisers in lichtbildnerischer Form festzuhalten. Anzunehmen ist weiterhin, dass das Gehäuse, in welchem das Foto entstand, den Flammen zum Opfer fiel, das Blech, auf welchem das Abbild fixiert werden sollte, aber erhalten blieb.

So könnte dieses bei der Sanierung des Grassi-Museums und des angrenzenden Friedhofsareals geborgen worden sein. Nach restauratorischer Aufarbeitung der Platte konnte sie ein verwertbares Bild zeigen. Fotografische Abzüge von einer solchen waren damals und sind es heute: noch nicht möglich. Der Standpunkt der Camera war nahe des Schlagbaumes an der alten Johanniskirche, direkt vor einer damals unversehrt gebliebenen Postmeilensäule. Der wahrscheinlichste Aufnahmezeitpunkt war der 16. Oktober 1813 zwischen 8 Uhr morgens und 18 Uhr Abends.

Noch am 16. Oktober abends glaubte Napoleon die Schlacht gewonnen und ließ die Glocken in sämtlichen Kirchen der Stadt läuten. Doch die Geschichte war noch nicht zu Ende. Napoleon verlor fast sämtliche folgenden Stellungskämpfe um und in Leipzig. Über 100.000 Soldaten auf beiden Seiten verloren ihr Leben und bildeten noch nicht den Endpunkt des Sterbens.

Nur dieses fiktive Abbild blieb erhalten, ein verschwommenes, menschenleeres, doch unverfälschtes Bild dieser Zeit, als die Fotografie ihren Kinderschuhen entwuchs.

Mit freundlichen Grüßen und der Bitte um Veröffentlichung

Joachim Rausch

Anbei eine 1:2 Fassung der Reproduktion.


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