Pünktlich zur Buchmesse eröffnete im Deutschen Buch- und Schriftmuseum die Sonderausstellung: »Die Welt in Leipzig«, die an die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik erinnert. Vor hundert Jahren schon nannte die New York Times sie den »place to go«.
Hätte es den kreuzer im Mai 1914 schon gegeben, er hätte sich wohl umfassend der Bugra gewidmet, der von Mai bis Oktober 1914 erstmals veranstalteten Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik. »Eine Weltausstellung? Ja, eine Weltausstellung!«, schrieb damals das Leipziger Tageblatt, das wöchentlich eine Sonderbeilage veröffentlichte, und selbst die New York Times berichtete über den »place to go«. Auf 400.000 Quadratmetern stellten Firmen aus 22 Nationen ihre Produkte aus und lockten mehr als 2,3 Millionen Besucher aus dem In- und Ausland an. Länderpavillons und Fachausstellungen zeigten technische Entwicklungen rund ums Buch und auch das Vergnügen kam dank Restaurants, Tanzpalast und Wasserrutsche nicht zu kurz.
Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum eröffnete nun am Vorabend der Buchmesse anlässlich des 100. Jubiläums der Bugra die Sonderausstellung: »Die Welt in Leipzig«. Vor senfgelb leuchtenden Wänden präsentieren sich Funde aus dem Magazin des Museums: eigens für die Bugra entworfene messingsbeschlagene Vitrinen, damals neueste Drucktechniken, Werbemittel oder Gegenstände aus dem »Chinesischen Gelehrtenhaus«, von dem Ladenschilder und Skurrilitäten – wie Wasserpfeifen zur Inspiration – erhalten sind. Die 200 Quadratmeter erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ermöglichen aber den imaginären Einstieg ins 400.000 Quadratmeter große Bugragelände – weniger ist im postiven Sinne mehr. Gleiches gilt für die 2012 wiedereröffneten Dauerausstellung, in der Exponate, die mit der Bugra in Beziehung stehen, während der Laufzeit besonders gekennzeichnet und mit einem kleinen Faltblatt zu erschließen sind. Absolut lesenswert ist die parallel erscheinende Publikation, die sich der Bugra auf 800 Seiten in einer Überschau widmet und trotz wissenschaftlicher Expertise ohne Weiteres zugänglich ist.
Mehrere Aufsätze betten die Bugra ein in den Kontext der Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts; sie stellen heraus, warum nur die Buchstadt Leipzig als Ausrichtungsort in Frage kam, und betonen die Rolle der heutigen Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, deren 150. Geburtstag der eigentliche Anlass war. Texte zum Ausstellungsgelände, den einzelnen Pavillons wie zu Reklame, Presseecho und Langzeitwirkung ordnen ein und zeichnen zusammen mit zeitgenössischen Dokumenten und aktuellen Fotografien ein umfassendes Bild der Ausstellung, die mit »Lettern und Druckerschwärze« auch die internationalen Beziehungen prägen sollte. Doch mitten in die Laufzeit fällt der Ausbruch des 1. Weltkrieges, die Häuser der Bündnisgegner schließen aus Angst vor nationalistischen Übergriffen ihre Tore, Gesandte und Angestellte bekommen nächtliches Geleit, um Stadt und Land unversehrt verlassen zu können. Die ausbleibenden Eintrittsgelder verursachen ein erhebliches finanzielles Defizit – aus den erhofften Überschüssen sollte der Neubau für das Deutsche Buch- und Schriftmuseum finanziert werden.