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Kultur

Im Osten Räumung statt Expansion

Rauswurf der Pilotenküche aus der Schulze-Delitzsch-Straße 27 wirft Fragen auf

  Im Osten Räumung statt Expansion | Rauswurf der Pilotenküche aus der Schulze-Delitzsch-Straße 27 wirft Fragen auf

Eine Prise Pessimismus war schon beim Treffen am 3. August spürbar: »Die Pilotenküche kommt, und alle gehen«, bedauerte Martin Holz, der zusammen mit Ines Lucines die Künstlerresidenz Pilotenküche leitet. Holz spielte auf den Club Goldhorn, den Kunstraum E und den Projektladen Erythrosin an, niederschwellige Orte im Leipziger Osten, von denen in den vergangenen Jahren starker Sog ausging und die ein neues, besseres Szeneviertel rund um die Eisenbahnstraße ankündigten. Die Pilotenküche hatte die Chance, dort ein seit Jahren leerstehendes, baufälliges Haus zu bespielen

Die grundsätzliche Einigung mit den Eigentümern schien klar, auch wenn Detailfragen, betreffend etwa Wohnerlaubnis und Stromverlegung, noch offen blieben. Im September sollten erste Künstler Ateliers beziehen, zum »Freiraum Festival« (12.09.2015) Ausstellungen öffnen. Café und Garten hätten der Pilotenküche in der »Eastside« gegeben, was ihr »westside« in der Spinnerei fehlt: Eine Schnittstelle zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Residenten und Besuchern. Klar ist jetzt, dass es das so nicht geben wird. Die Eigentümer der Schulze-Delitzsch-Straße 27 verlangten Ende August überraschend die Räumung, womit nicht nur die Expansionspläne ein jähes Ende fanden, sondern auch der bereits gedruckte Artikel im aktuellem kreuzer 09/15 hinfällig wurde.

Die Gründe sind nicht zu ermitteln. Die Pilotenküche sucht Rat beim Anwalt und gibt sich nach außen eingeschüchtert. Die Eigentümer teilen an der Anfrage vorbei mit, das Haus sei in den vergangenen beiden Jahren dem Bürgerverein Neustädter Markt und dem dortigen Kunstfest zur Zwischennutzung überlassen worden. Zur künftigen Nutzung möchten sie sich frühestens im Oktober äußern. Kein Wort zu den Vereinbarungen mit der Pilotenküche, die längst zig Wochen Arbeit und einiges an Geld investiert hatte und nun wie ein heimlicher Hausbesetzer erscheint, Anfang August war von einem Mietvertrag über drei Jahre die Rede. Wer irrt? Wer trickst? Unschön gelaufen, so viel ist sicher. Eine Anfrage beim Bürgerverein blieb unbeantwortet. Auch der »kritische Kurator« des Kunstfestes entschied sich, kein Statement abzugeben, am Tag nach der Bitte um eine Einschätzung sendete er eine Art manuelles Autoreply raus, eine Antwort hätte zwar kaum länger gedauert, aber: »Elternzeit«, okay. Das Thema scheint unbequem.

Eindeutiger Nutznießer dieser undurchsichtigen Geschichte ist der Hausschwamm, der die Schulze-Delitzsch-Straße 27 bis auf weiteres wieder für sich allein hat und der von einem feuchten Herbst in undichtem Gebäude profitieren wird. Wäre Leipzig die progressive Stadt, als die sie so gern erscheinen möchte, dann hätte sie sich schon vor Jahren gehütet, Häuser – und damit Verantwortung – billigst abzustoßen. Häuser, die gekauft wurden, weil es die Gelegenheit gab, und die seither verfallen. Nicht nur die Schulze-Delitzsch-Straße 27 zeugt davon.

Zum Spinnereirundgang am Samstag, 12. September, wird die Pilotenküche wie üblich mit einer Ausstellung in Halle 14 und Performance im Gelände etwas schroffere Akzente setzen.


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1 Kommentar(e)

Dirk 10.09.2015 | um 23:38 Uhr

Mit der Schließung des Zoetrops war der Untergang des Ostens doch besiegelt.