William Shakespeare ist der meistgespielte und zugleich bedeutendste Stückeschreiber aller Zeiten; sein Werk wird in einem Atemzug mit der Bibel oder Homers Epen genannt. Zugleich wissen wir über diesen Giganten beklagenswert wenig, nicht einmal sein genaues Geburtsdatum ist bekannt. Wohl aber sein Todestag, es war der 23. April 1616.
Dass sich dieser nun zum 400. Male jährt, ist natürlich kein Grund, sich eine Aufführung von »Macbeth«, »King Lear« oder »Hamlet« anzuschauen – dafür gibt es weiß Gott unzählige andere gute Gründe. Aber ein guter Anlass ist es allemal. Und natürlich braucht man auch nichts über Shakespeare und seine Welt, die Entstehungsumstände seiner Dramen, die historischen Hintergründe und die Stoffe, auf die er zurückgegriffen hat, zu wissen, um sein Werk genießen zu können. Aber ein solches Wissen hebt den Genuss erheblich. Darum sollten wir nicht darauf verzichten.
An Büchern über Shakespeare und sein Werk mangelt es nicht, die Sekundärliteratur füllt ganze Bibliotheken. Aber wer hat schon Zeit und Lust, sich da hindurch zu wühlen? Es gibt eine ganz einfache Lösung: Lesen Sie Isaac Asimovs »Shakespeares Welt – Was man wissen muss, um Shakespeare zu verstehen« (das Original ist bereits 1970 erschienen). Darin werden Sie alles finden, was Sie brauchen, und sogar noch mehr, viel mehr. Isaac Asimov? Ja, genau, der mit den Roboter-Romanen. Asimov (1920–1992) hat vor allem als Science-Fiction-Autor Berühmtheit erlangt. Er war Naturwissenschaftler und Schriftsteller, kein Philologe, Anglist – aber auch ein ebenso leidenschaftlicher wie kenntnisreicher Shakespeare-Experte. Und das ist ein Glück. Als Schriftsteller wusste er nämlich genau, wie man seine Leser nicht nur belehrt, sondern auch unterhält.
Nur dass keine Missverständnisse aufkommen: »Shakespeares Welt« ist, anders als es der deutsche Titel suggeriert, weder eine kompakte Einführung in Shakespeares Leben und Werk noch eine bloße Nacherzählung seiner Dramen. Vielmehr haben wir es mit einem ausufernd auserzählten Fußnotenapparat zu tun. Mit geradezu fanatischer Detailversessenheit häuft der Universalgelehrte Asimov Fakten auf Fakten, wir erfahren alles über Quellen, Etymologien, mythologische und andere kulturhistorische Bezüge (über die damalige Aufführungspraxis und die Rezeptionsgeschichte schweigt sich Asimov allerdings aus). Dabei hält er sich mit eigenen Interpretationen zurück, er hilft uns nur, den ungeheuren Shakespeare’schen Kosmos zu verstehen. Und das ist genug. »Shakespeares Welt« ist ein unerschöpfliches Nachschlagewerk, für Spezialisten wie für Laien. Asimov hat ein Shakespeare-Buch für alle geschrieben.
Allerdings enthält der Band, den der Alexander Verlag 2014 zu Shakespeares 450. Geburtstag herausgebracht hat, nur die Essays über die zwölf in Deutschland am häufigsten gespielten Stücke. Falls »Shakespeares Welt« auf ausreichendes Interesse stößt, will sich der Verlag aber bemühen, auch den Rest auf Deutsch zu veröffentlichen. Auch darum kann man diesem grandiosen Buch nicht genug Leser wünschen.