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Editorial

Editorial 05/2016

Hier ist die Lösung der Leipziger Verkehrsprobleme: Das Tunnel-Pentagramm

  Editorial 05/2016 | Hier ist die Lösung der Leipziger Verkehrsprobleme: Das Tunnel-Pentagramm

Rechts überholen, Gehweg zuparken, chronische Verstopfung: Sich durch Leipzigs Verkehr zu bewegen gleicht einer Runde »Malefiz«. An jeder Ecke drohen Frevel und schlechte Tat. Zur Not wird mit dem Bockwurstglas geworfen, hilft der übliche Stinkefinger nicht mehr. Es tobt der Verkehrsbürgerkrieg. Um die Probleme und Lösungen für Leipzigs Straßenverkehr wirds gehen beim nächsten kreuzer-Talk am Dienstagabend im Neuen Schauspiel Leipzig. Mit Korn & Kippen – versteht sich. Wir veröffentlichen an dieser Stelle schon mal das Editorial der kommenden Ausgabe des kreuzer. Chefredakteur Andreas Raabe stellt eine ganz besondere Idee für Leipzigs Verkehr vor, die sogar den Katholikentag nicht außer Acht lässt.

Die komplette Untertunnelung Leipzigs in Form eines Pentagramms. Ja, die Lösung für die meisten Verkehrsprobleme könnte so einfach sein: Der Autoverkehr zieht unter die Erde – und zwar komplett. An der Oberfläche verbleiben Straßenbahnen, Fußgänger, Fahrradfahrer und einige wenige, langsam fahrende Elektro-LKWs zur Belieferung von Firmen und Einzelhandel. Die Autofahrer können dann durch die Röhren sausen, ihre Wagen unter der Erde in großen Parkhallen abstellen und in klug verteilten Aufzügen an die Oberfläche gelangen. Für kurze Wege stehen dort oben Leihfahrräder, auch Lastenfahrräder, bereit – oder man nutzt die Straßenbahn.

So ein Quatsch, denken Sie jetzt, da haben die wieder zu viel gekifft beim kreuzer. Letzteres könnte stimmen, doch jetzt kommt das Aber: Stellen Sie sich das mal vor – wir sind alle Autos auf einen Schlag los, den Krach, den Dreck, die Enge, die Gefahren, den täglichen Verkehrsstress. Wie schön wird das Flanieren auf Karli, Georg-Schwarz-, Lützner- und Eisenbahnstraße sein, wie idyllisch der komplett bepflanzte Innenstadtring, wie sauber die Luft, um wie viel größer der nutzbare Stadtraum. Und kennen Sie das, wenn im Winter der erste Schnee gefallen ist, die Geräusche dämpft und die Stadt plötzlich ganz still ist? So – und noch viel stiller – wird es jeden Tag sein. Jeden Tag! Kinder werden auf der Straße spielen, Häschen über die Magistralen hoppeln, Verliebte traut Hand in Hand radeln, Rentner ohne Angst den Rollator schieben.

Ganz schön gut, nicht wahr? Aber was soll das kosten? Der längste Tunnel der Welt in Norwegen (Lærdalstunnel, 24 Kilometer Länge) hat etwa 100 Millionen Euro gekostet, der zweitlängste – der 18 Kilometer lange und in 1.000 Meter Tiefe gebaute Zhongnanshan-Autobahntunnel in China – etwa 300 Millionen Euro. Nehmen wir mal die teure Version aus China und multiplizieren die Kosten mit den fünf Strahlen des Pentagramms, dann wären wir bei 1,5 Milliarden Euro. Das hört sich viel an, ist aber eigentlich ganz vernünftig für ein Projekt dieser Tragweite. Ein Autobahnkilometer in Deutschland kostet 10 Millionen Euro – 1,5 Milliarden entsprechen also gerade mal 150 Kilometer neuer Autobahn – oder einem Leipziger Citytunnel (Kosten: etwa 1 Milliarde Euro) plus Spesen. Es ist machbar, man muss es nur wollen. Frau Dubrau, übernehmen Sie!

Das Pentagramm als Form soll übrigens kein Glaubensbekenntnis sein, es bietet einfach die effektivste Struktur, um alle Punkte in der Stadt gleich gut erreichbar zu halten – seine fünf äußeren Spitzen werden durch einen Autobahnring um die Stadt verbunden. Und so – Obacht, liebe IHK – kann der Verkehr endlich ungestört fließen. Doch bis es so weit ist, lesen Sie erst mal unsere Titelgeschichte im kommenden kreuzer. Clemens Haug und Tobias Prüwer berichten im dort über die aktuelle Problemlage des Leipziger Straßenverkehrs.

Apropos Pentagramm, 666, Das Tier und so weiter: Im Mai ist ja Katholikentag in Leipzig. Tausende Gläubige werden die Stadt stürmen und von so lächerlichen Ideen wie Wissenschaft, Beweis und Methode, intersubjektive Nachprüfbarkeit abrücken. Leider hatten wir in diesem Heft keinen Platz mehr, um darüber groß zu berichten. Eine Frage stellt sich trotzdem: Was soll man davon halten? Vielleicht einfach gar nichts, Religion ist Privatsache, da kann ja jeder machen, was er will. Außerdem, so ist zu vermuten, gibt es auch ganz interessante Veranstaltungen zum Katholikentag (nicht nur in der naTo). Aber sagen wir mal so: Wäre Leipzig weltweit berühmt als die komplett von einem Pentagramm untertunnelte Stadt – dann wären wir vielleicht gefeit gewesen vor so einem Katholikentag (nicht allerdings vorm WGT).

Also, in diesem Sinne, denken Sie mal darüber nach: What would a pirate do? ANDREAS RAABE


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1 Kommentar(e)

g h 26.04.2016 | um 17:13 Uhr

Schade, daß ihr nicht zugebt, daß die Idee nur geklaut ist. HR Giger hatte so einen Einfall schon 1993 für die ganze Schweiz: http://fm4.orf.at/stories/1738926/ Größeres Bild: https://zombiewoodproductions.files.wordpress.com/2013/02/swisstunnel.jpg GvH