An dieser Stelle veröffentlichen wir das Editorial der August-Ausgabe des kreuzer. Urlaubsvertretungschefredakteur Tobias Prüwer berichtet, was es im neuen Heft zu lesen gibt.
Einatmen, ausatmen, atmen können, austoben. Yo, das Thema hing lange schon in der Luft. Vor einem Jahr sollte sich die kreuzer-Titelgeschichte mit der Stadt als Spielplatz beschäftigen. Wie erobern sich die Leipziger den öffentlichen Raum? Mit welchen Aktivitäten und Passivitäten sind sie auf Straßen und Wiesen zugange? Gibt es Freiflächen, welche die Menschen noch nicht lässig bespielen? Dann wurde um die Bebauung des Leuschner-Platzes diskutiert. Wir mischten uns ein. Und schlugen vor, hier statt Büro- und Einkaufsbeton lieber eine Sport- und Tummelfläche mit öffentlicher Mucki-Bude einzurichten. So à la Wilhelm-Leuschner-Muscle-Beach, wo die sächsischen Schwarzeneggers wachsen können.
Jetzt wollten wir die Spielplatzidee endlich umsetzen. Prompt knallt das Hin und Her um die Jahrtausendfeldnutzung herein – und unser gesetztes, weil wichtiges Thema wird tagesaktuell. Ums Verschwinden des Beachvolleyplatzes auf dem Feld – und sein sofortiges Wiedererscheinen – wird es in unserer Titelstory ebenso gehen wie um die verschiedenen Weisen, die Stadt zum Spielplatz zu machen. Wir haben Menschen bei ihrem Treiben beobachtet und ein paar zur Inspiration gedachte Spielanleitungen vorbereitet (ab S. 22).
Der öffentliche Raum steht ohnehin unter Druck, anhaltende Verdichtung nimmt letzte Freiflächen. Halböffentliche Räume wie der Bahnhofsvorplatz breiten sich aus, wo die AGB vorm Bürgerrecht stehen. Unliebsame Personengruppen werden hier mit klassischer Musik vertrieben. Business as usual, sächsisches Gewohnheitsrecht? Einfach mal durchkärchern? Die anhaltend köchelnde Debatte um alternative Räume wird wieder entflammt, was das Schlechteste nicht ist. Im Zuge der friedlichen bis gewalttätigen Proteste beim G20-Gipfel in Hamburg aber ist wieder ein Leipziger Stadtteil pauschaler Abwertung (warum hilft die eigentlich nicht gegen das Gentrifidingsbums?) ausgesetzt. Durch den Bundesinnenminister höchstpersönlich. Sie ahnen: Es geht um Connewitz. Andere wiederholten die uniformierten Vorwürfe. Weder von denen noch von Thomas de Maizière hörte man Wortmeldungen, als das Viertel 2016 von Nazis angegriffen wurde. Mit Doppelstandards und linker Kriminalisierung hat sich Politikredakteurin Sarah Ulrich auseinandergesetzt (S. 18).
Lassen Sie uns im Draußen treiben, solange das Wetter mitmacht. Nicht nur die Stadt ist Spielplatz, auf dem man etwa bei der Grünau-Expedition am 5. August (www.leipziger-stadtteilexpeditionen.de) neue Ecken erspähen kann. Unsere Ausflugsseiten sind voll mit Tipps für Nah- und Ferntrips (ab S. 74) von Fußbad im Schwarzatal bis Stippvisiten zu Industriedenkmälern. Und vergessen Sie nicht, am 26. August beim Brückenfest (www.platznehmen.de) auf der Sachsenbrücke vorbeizuschauen. Hier zeigen sich Leipzig und seine Bewohnenden von ihren schönsten, weil interkulturellen und weltoffenen Seiten.
Falls wir uns dort verpassen: Haben Sie einen schönen Sommer – und viel Spaß auf dem Stadtspielplatz!
TOBIAS PRÜWER (als Urlaubsvertretung)
chefredaktion@kreuzer-leipzig.de
Was sonst noch im Heft steht: Inhaltsverzeichnis, Monatstipps und Einblicke zeigt die Leseprobe unseres ePapers.