Es klingt, als wäre Nina Walser sehr wütend. Zum Beispiel wenn sie ins Mikrofon schreit: »Mein Körper ist mein Template. Dein Körper ist mein Tablet.« Viel mehr Text gibt es im ersten Song des Debütalbums von Friends Of Gas nicht. Nur: »Wir sind zu glatt und transparent.« Unterlegt wird Walsers heiserer, doch krachender Gesang von krautigen Gitarren und drängendem Schlagzeug. Wenn man Nina Walser, über die man mal gelesen hat, dass sie gar nicht wütend sei, fragt, was denn bitte sonst, antwortet sie: »Quecksilbrig.«
Sie ist schwer zu fassen, diese Band aus München, die im letzten Jahr mit ihrem Album »Fatal Schwach« einfach mal so einschlug in die Musikgewohnheiten. Denn schon der zweite Song »Ewiges Haus« klingt wieder ganz anders. Walser haucht hier geradezu, dass sie nur »einen Stein, eine Schere und Papier« habe: »Und wenn du mich fragst, wo ich wohnen will, sage ich nichts mehr.« Was interpretationsfreudige Menschen gleich als Anti-Gentrifizierungssong ausmachen wollten. Doch ist er es wiederum auch nicht. Friends Of Gas sind jeder Eindeutigkeit vollends enthoben. So kann Nina Walser die Zeilen »I don’t need my teeth« im selben Atemzug singen wie »I need my teeth« – jeweils mit einer Dringlichkeit, die keine Fragen offen lässt. Wollen sie irgendetwas mitteilen mit ihren Songs? »Wer was macht, will meist was mitteilen. Deshalb muss es aber nicht erklärend sein«, sagt Walser und erklärt natürlich nichts.
Kurz nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg sagen sie dann aber doch im kreuzer-Interview, dass der Song »Kollektives Träumen« trotz Zeilen wie »Gewalt geht immer, es geht nach vorne« und der ständigen Wiederholung von »wendet Gewalt an« auf keinen Fall ein stumpfer Aufruf zur Gewaltanwendung sei. Ein inhaltlich relevantes politisches Statement abzugeben, würde ihrer Meinung nach aber den Rahmen bei Weitem sprengen, also fügen sie nur noch an: »Der Plan, autonome Zentren wie die Rote Flora schließen zu wollen, ist ein vollkommener Irrsinn, der viele zu Recht wütend machen wird.«
Vielleicht sollte man den Texten auch gar nicht so viel Beachtung schenken, fügt sich Walsers ausdrucksstarke Stimme doch eher wie ein weiteres wichtiges Instrument in den dunklen, treibenden, lauten Post-Punk-Kraut-Rock-Sound ein. Die Texte von Friends Of Gas entstehen meist unabhängig von den Songs, werden mit der Musik neu kombiniert oder verändert: »Alles entsteht beim Machen, wir lassen uns eher treiben«, sagt Walser. So haben sie das Album »Fatal Schwach« produziert, während sie sich tagelang in einer kleinen Konzertbaracke in München – im Kafé Kult, wo schon Nirvana vor ihrem Durchbruch auftraten – mit Max Rieger von Die Nerven zurückgezogen haben, der die Songs live eingespielt aufnahm. »Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden sensibler und feiner, man wächst mehr zusammen«, sagt Walser zu dieser Gemeinschaftsarbeit auf engem Raum.
In das Umfeld von Die Nerven, Messer oder Candelilla passen Friends Of Gas wegen ihrer wütenden, äh, quecksilbrigen Songs gut. Auch in das ihres Labels Staatsakt, bei dem »Fatal Schwach« erschien. Und wie geht es jetzt weiter? Walser sagt nur: »Ja.«