anzeige
anzeige
kreuzer plus

Integration als Ehrenamt

Hassan Abbas unterstützt Schüler und Lehrer dabei, sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden

  Integration als Ehrenamt | Hassan Abbas unterstützt Schüler und Lehrer dabei, sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden

Eigentlich ist Hassan Abbas gelernter Zahnarzt. Er kam im April 2016 als Geflüchteter nach Leipzig. Obwohl er inzwischen als Arzt arbeiten dürfte, trifft man ihn vor allem in der 100. Schule in Grünau an. Dort unterstützt er Kinder von anderen Geflüchteten, in den Schulalltag zu finden.

Die beiden DaZ-Klassen sind mit dreiundzwanzig Schülern pro Klasse randvoll. In den Muttersprachler-Klassen sitzen im Durchschnitt zwanzig bis vierundzwanzig Schüler, davon fünf bis sieben Kinder mit Migrationshintergrund. Die meisten Migranten kommen, ohne vorher ein Wort Deutsch zu sprechen. Einige von ihnen gelten als »nicht vorsozialisiert«, das heißt, sie haben weder Kindergarten noch Schule besucht. Hinzu kommen traumatische Erlebnisse während der Flucht aus ihrem Land. Seit 2015 ist die Zahl der ausländischen Schüler massiv gestiegen. Wie kann das Zusammenleben hier also gelingen? »Integration ist von der Person, die neu hinzukommt, ohnehin erst mal schwer zu schaffen. Wir machen Angebote, bei denen sich Eltern und Kinder untereinander mischen und einander kennenlernen«, sagt Grit Trepte. Die Menschen, die am lautesten nach Integration und Anpassung schreien, haben ihrer Meinung nach keine Vorstellung von der Realität. Sie kennt viele Familien, die ein Teil dieser Gesellschaft sein wollen. »Es gibt jedoch auf beiden Seiten viele Befindlichkeiten – und hier endgültig anzukommen, funktioniert, glaube ich, letztlich nur über private Kontakte.« Umso bedeutender erscheint ihr das geplante Elterncafé, das zukünftig alle zwei Wochen stattfinden soll. Sie erhofft sich dadurch, die privaten Vernetzungen anschieben zu können und den Austausch zu fördern. Tino Tilschner hilft ihr bei der Umsetzung. Er ist Sozialpädagoge, studierter Theologe und arbeitet seit zwei Jahren an der Grundschule. Für ihn kommt es darauf an, nicht nur stoisch den sächsischen Lehrplan zu befolgen, sondern Netzwerke zu knüpfen, Raum und Zeit zu schaffen, um zu interagieren und in den Diskurs zu gehen. »Es ist ein zweiseitiger Prozess, ein Aufeinanderzugehen«, fasst er zusammen. Das große Manko sei allerdings der Mangel an Personal. »Es fehlt an fachkundigem und beständigem Personal. Das können wir auch nicht mit sehr gut gemeintem Engagement von Eltern oder Initiativen kompensieren, da braucht es ständige Beziehungsarbeit zu den Kindern. Sie verbringen hier schließlich viel Zeit, meistens von acht Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags. Da braucht es Leute, die sie kennen. Das gilt für alle gleichermaßen.«

Trotz der prekären Umstände vermitteln all diese Menschen den Eindruck, etwas bewegen zu wollen, ihr Tonfall ist herzlich, ihr Händedruck fest. Integration wird hier ernst genommen.


Kommentieren


0 Kommentar(e)