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Die Kinozeichnerin

Im Osten der Stadt fasst eine Leipzigerin ihre Liebe zum Film in Comic-Panels

  Die Kinozeichnerin | Im Osten der Stadt fasst eine Leipzigerin ihre Liebe zum Film in Comic-Panels

Im Reginapalast werden die Kinostarts nicht einfach nur mit Postern angekündigt: In den Schaukästen finden sich immer wieder Illustrationen, Comics und Basteleien, die Lust machen auf den Filmgenuss. Wir haben die geheimnisvolle Zeichnerin, die ihren richtigen Namen nicht nennen will, getroffen.

Die Stimmung ist ausgelassen. Alle sind gekommen, um den Besuchern ein frohes neues Jahr zu wünschen. Selbst »Star Wars«-Bösewicht Kylo Ren kann sich ein Lächeln nicht verkneifen und pfeffert den schwarzen Helm in die Höhe. In Ulrikes Zeichnungen sind Feinde meist Freunde und sogar Clown Pennywise aus Stephen Kings »Es« wirkt irgendwie freundlich, wenn er die »Lost Boys« drückt.

In ihren Bildern drückt Ulrike ihre Leidenschaft für Filme aus. Wenn sie ein Film begeistert oder sie sich drauf freut, dann greift sie zum Stift. Seit drei Jahren gestaltet sie die Schaukästen des Regina Palasts im Leipziger Osten. »Das begann, als ich mal für die Werbung der Kinostarts am Donnerstag verantwortlich war. Da hab ich mich einfach hingesetzt und mit schwarzem Marker die Porträts von Tom Cruise und Simon Pegg für ›Mission: Impossible – Rogue Nation‹ gemalt. Dazu hab ich dann noch diese Lunte gebastelt und das einfach reingehängt. Am nächsten Tag meinte mein Theaterleiter, die Werbung machst du ab jetzt immer. Seitdem hab ich freie Hand.«

So erschafft sie jede Woche aufs Neue kleine Kunstwerke. In die Kinostarts der »Star Wars«-Reihe und der Marvel-Filme steckt sie besonders viel Arbeit. Aber auch für Kinderfilme malt und bastelt sie gern. Im Schaukasten zu »Es« kam die Hand von Pennywise aus der Kinowand. »Die hab ich mit Draht und Papier gebastelt, original mit Rüschen und einem weißen Handschuh. Das war dann quasi 3-D.«

Zum Kino kam die gebürtige Leipzigerin nach dem Studium. »Ich habe Buch- und Medienproduktion an der HTWK studiert, aber im Anschluss nichts gefunden.« Der Job an der Kinotheke war erst mal nur eine Übergangslösung, aber Ulrike fühlt sich wohl im Regina. »Kino, Film, das sind meine großen Leidenschaften – und wenn ich das mit dem Zeichnen verbinden kann, erfüllt mich das sehr. Auch wenn es viel Energie kostet.«

Für »Avengers: Infinity War« schuf sie einen Comic, der drei DIN-A3-Kästen füllte. »Da habe ich eine Woche lang Tag und Nacht dran gesessen. Aber am Ende war ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.« Zu »Dunkirk« und »Churchill« kniete sie sich wochenlang in die Recherche und reicherte ihre Zeichnungen mit Fotos und Hintergrundinformationen an. »Manchmal inspiriert das den Gast, den Film zu sehen. So kann man seine Begeisterung vielleicht auch auf die Gäste übertragen. Das ist besser, als einfach nur ein Poster und die Inhaltsangabe reinzuhängen.«

Ulrike zeichnet zu Hause, nach der Schicht im Kino. Seit einiger Zeit hat sie eine 40-Stunden-Woche, »die selten bei 40 Stunden bleibt«, und weniger Zeit zum Zeichnen, was sie bedauert. »Solange es mir Freude macht, mache ich das auch gern noch zu Hause. Aber ich merke schon, dass es weniger wird als noch vor drei Jahren, als ich angefangen hab.«

Seit dem Umbau ist ihre kreative Spielwiese zudem stark eingeschränkt. »Es darf keine Reißzwecke mehr in die Wand und es muss alles steril und ordentlich sein. Da denke ich mir oft: Mann, es ist ein Kino. Die ganzen Kollegen haben so viel Potenzial und Kinobegeisterung. Man könnte hier so viel machen. Das finde ich manchmal ein bisschen schade, dass das gehemmt wird.«

Als Kiezkino ist der Regina Palast bei seinen Besuchern beliebt für seine gemütliche und familiäre Atmosphäre. Der fast 80-jährige Eisverkäufer Hans war schon dabei, als das Capitol noch existierte. Aber auch das kleine Multiplex, Teil der Bofimax-Gruppe, geht mit dem Trend und Dinge, die dem Haus Charakter verleihen, verschwinden. »Es muss doch nicht alles einheitlich sein. Kasse, Theke, Saal und dann gehst du an den drei Rahmen vorbei, wo Poster drin hängen. Früher bist du an den Wänden vorbei und die Vorfreude wuchs. Ich finde, dafür könnte man die Wände sehr gut nutzen.«


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