Das So & So feiert Ende Januar seine letzte Party am bisherigen Ort. Warum das ein Verlust ist und zugleich nicht das Ende bedeuten sollte, wurde hier mal aufgeschrieben.
Im August kam die Kündigung, es folgten Monate des Demonstrierens, Hoffens und Kämpfens, bis das So & So im November bekannt gab, dass vorerst leider alles vergebens war. Der Club befindet sich noch bis Ende Februar am Rand der Brachlandschaft unmittelbar nördlich des Hauptbahnhofs. Dann nicht mehr.
Das Bebauungsrecht für das Gelände liegt bei der CG-Gruppe, deren Willen in Sachen Erhalt von Kulturstätten offenbar an seine Grenzen gestoßen ist. Die ganze Farce lässt sich auf der Homepage des Clubs nachlesen. Kurzfassung: Man würde den Club entgegen allen über die Jahre gegebenen mündlichen Zusagen lieber weggentrifizieren, als sich damit auseinanderzusetzen, wie man ihn in das neu zu entwickelnde Viertel integrieren könnte.
Sie machen weiter, darauf hat sich das Kollektiv bereits festgelegt. Darum soll das hier kein Nachruf sein, zunächst, weil es reiner Anstand gebietet, niemanden für tot zu erklären, der dagegen protestiert. Des Weiteren wollen wir den Verantwortlichen schlicht glauben, wollen alle würdigen, die das So & So möglich gemacht haben, zur ersten Halbzeit von hoffentlich vielen weiteren Hälften.
Seit August arbeiteten dort alle Menschen, die tolle Dinge wie Musik oder Drinks oder die Garderobe machen, für umme. Allein dass Menschen ehrenamtlich den Club bis zum unvermeidlichen Schluss möglich machen, weil er ihnen am Herzen liegt, zeigt seine Relevanz. So viel ist sicher: Sie werden das auch weiterhin bis zur letzten Veranstaltung Ende Januar tun; nachsichtig sein bis zur letzten, im Delirium verlegten Garderobenmarke, unnachgiebig bis zum letzten Besoffski vor der Tür, großzügig in Sachen Schnapsgehalt bis zum Jetzt-aber-wirklich-nur-noch-einen-allerletzten-Sechs-Uhr-Cocktail, leidenschaftlich bis zum letzten Ton. Danach sind dort demnächst erst einmal nur noch Bagger und Bulldozer zu hören.
Der Gegend wird ein großes Stück Kultur verloren gehen und der Aral-Tanke kurz vorm Club, alias der letzten Ausfahrt vor der Abfahrt, der interessantere Teil ihrer Kundschaft. Da wird etwas fehlen, ausgiebig abgefahrene Zehnergruppen um halb acht Uhr morgens etwa, die umständlich ihr Kupfergeld für sechs warme Sternburg und eine große Flasche Multivitaminsaft zusammenkratzen. Das belebt und bereichert sicherlich den Arbeitsalltag, wie das So & So dieses ominöse Gohlis belebte und bereicherte, das nun wieder Terra Interessiertunsnicht auf der Leipziger Kiezkarte sein wird. Zumindest wenn man Leute fragt, die morgens um halb acht eine große Flasche Multivitaminsaft kaufen möchten.
Auch für die Leipziger Clublandschaft als Ganzes schmerzt der Verlust, bot das So & So doch eine echte Alternative für Bassaffine, welchen die technoelitäre, schwarz uniformierte Ästhetik des Instituts für Zukunft schlicht nicht so zusagt (auch wenn es dort mittlerweile bunter geworden ist) und das Publikum in der Distillery zu etabliert ist.
Das IfZ würdigte gemeinsam mit dem So & So die freundschaftliche Konkurrenz durch die »IfZ x So & So«-Partyreihe samt Shuttlebus zwischen den beiden Institutionen, und die Fahrten in der Frühe mit sonst wie beseelten Passagieren kann man sich nur als ganz große Momente surrealen Lebensgefühls vorstellen.
In jedem Fall war das So & So immer ein Ort, von dem die Menschen eine Vorstellung hatten, ein Club mit Profil. Beziehungsweise ein Ort, der gewesen sein wird, schließlich ist das hier kein Nachruf, sondern eine Aufforderung, die letzten Abende dort noch einmal mitzunehmen. Noch einmal einen, drei, fünf an der Bar, einmal noch um acht jetzt aber wirklich, dann doch nicht gehen. Es aber bloß nicht Abschied nennen.