Am Freitag ist der Leipziger Wissenschaftspreis 2019 verliehen worden. Mit Evamarie Hey-Hawkins und Frank-Dieter Kopinke erhielten ihn in diesem Jahr zwei Chemiker. Schade nur, dass die Sorgen und Nöte des wissenschaftlichen Betriebs den Veranstaltern anscheinend nicht bekannt sind – sie verlieren sich stattdessen in Eigenlob.
Hans Wiesmeth musste gleich zu Beginn der Verleihung etwas sehr Grundsätzliches loswerden: »Sie ist natürlich keine Quotenfrau«, sagte der Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften sichtlich belustigt und meint damit Evamarie Hey-Hawkins. Die Professorin für anorganische Chemie der Uni Leipzig wurde mit dem Leipziger Wissenschaftspreis geehrt – im gleichen Atemzug ging die Auszeichnung auch an Frank-Dieter Kopinke, welcher ebenfalls mit Leistungen aus dem Bereich der Chemie punkten konnte. In einer nach wie vor eher männlich dominierten Branche wie der Wissenschaft will man offensichtlich jeden falschen Gedanken sofort im Keim ersticken, wonach die seit den frühen Neunzigerjahren in Leipzig tätige Professorin nur aufgrund ihres Geschlechts in den Genuss dieser Ehrung gekommen sei.
Wie schon in den Jahren zuvor wurde auch 2019 für die Verleihung des Wissenschaftspreises der wohl feierlichste Ort gewählt, den man in Leipzig finden kann. Die Stadt, die Uni und die Akademie der Wissenschaften luden in den historischen Festsaal des Alten Rathauses, um die zwei Forscher für ihre exzellente Arbeit auszuzeichnen. Nach der zeremoniellen Überreichung der Preise durch Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bekamen die Gewinner ein wenig Zeit, um ihre Arbeit inhaltlich vorzustellen.
Bei Hey-Hawkins spürt man die große Passion, mit der sie an ihrem Projekt arbeitet; zentral ist für sie die Entwicklung anorganischer Verbindungen, die in der Katalyse eingesetzt werden und unter anderem in der Bekämpfung von Krebs Anwendung finden. Nahtlos ging es weiter im Programm: Der gebürtige Leipziger Kopinke stellte seine Forschung vor. Er leitet das Department »Technische Umweltchemie« am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in der Messestadt und beschäftigt sich im Besonderen mit der Frage, wie verunreinigtes Grundwasser gesäubert werden kann. Der Umweltchemiker hatte seine Ausführungen gerade erst geschlossen und wieder auf seinem Sitz platzgenommen, als sich erneut der OBM erhob. Jung verkündete heiter, dass die Zeremonie nun praktisch vorbei sei und man nun gehen dürfe.
Beide Protagonisten bewiesen, dass sie nicht zu Unrecht ausgezeichnet wurden; doch bleibt von der Verleihung insgesamt ein etwas fader Beigeschmack. Gern hätte man Hey-Hawkins und Kopinke länger bei ihren Kurzvorträgen gelauscht, auch wenn das fachliche Verständnis der Zuhörer angesichts der komplexen chemischen Modelle damit sicher an seine Grenzen gestoßen wäre. Doch allein die von beiden an den Tag gelegte Leidenschaft für ihre Forschung einzutreten, beeindruckte nachhaltig.
Leider füllten die Organisatoren gerade eingangs viel Zeit damit, zu erzählen, wie toll die hiesige Wissenschaft sei und dass überhaupt alles prima sei – ohne zu verraten, was genau sie damit eigentlich meinten. Dass diese Aussagen eher wenig mit dem wissenschaftlichen Alltag zu tun haben, erfährt das Publikum bezeichnenderweise von einem der Preisträger. Kopinke hielt am Ende seines Auftritts ein kurzes, aber flammendes Plädoyer, das die oftmals prekären Arbeitsbedingungen gerade junger Wissenschaftler anprangerte. Denn wer sich immer nur von einem befristeten und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnis zum nächsten hangeln müsse, wird wohl nie die Chance auf einen Empfang in diesem so prunkvollen Saal erhalten.