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»Wars das jetzt?«

Die Dissidentin Gesine Oltmanns über das Erbe des Herbstes 89 und das Heute

  »Wars das jetzt?« | Die Dissidentin Gesine Oltmanns über das Erbe des Herbstes 89 und das Heute

Gesine Oltmanns vor dem 9. Oktober zu treffen, ist nicht so einfach. Sie steckt mitten in den Vorbereitungen und den Veranstaltungen zum Jahrestag des Herbstes 89. Für das Interview muss kurzfristig in die kreuzer-Redaktion umgezogen werden. Ihr Büro in der Stiftung Friedliche Revolution dient dem Orga-Team der Revolutionale als Vorbereitungsraum. Trotz der vielen Termine wirkt Gesine Oltmanns entspannt und überhaupt nicht gestresst.



kreuzer: Können Sie überhaupt noch über die Friedliche Revolution reden?

Gesine Oltmanns: Ich merke, dass es ganz neue Momente gibt, die auch klarer werden. Von daher finde ich es immer wieder spannend, sich zu erinnern. Ich sehe es schon irgendwie als wichtige Sache, dass wir beginnen, das narrativ wirklich ganz persönlich zu erzählen.

kreuzer: Was sind das so für Momente?

Oltmanns: Für mich ist es dieser Moment auf dem Nikolaikirchhof nach dem Friedensgebet am 4. September 1989 mit den Transparenten (s. Foto S. 18) – der ist für mich viel stärker geworden, wenn ich darüber rede. Für uns war das eine Selbstverständlichkeit, dass wir die Aktion machen. Im Nachgang gibt es einen Moment, in dem das Statement klar wird. Das ist dieser kurze Zeitraum, wenn wir die Transparente zeigen, der Moment, bevor sie runtergerissen werden. Der tut mir unheimlich gut. Auch heute noch. 

kreuzer: Was war das Besondere an diesem Moment? 

Oltmanns: Ja, viele waren da versammelt, keiner wusste so richtig: Was passiert jetzt?

kreuzer: Das war nach dem Friedensgebet?

Oltmanns: Nach dem Friedensgebet war immer so eine Situation. Wir waren erst in der Kirche, danach sind wir rausgegangen und haben seit Herbst 1988 dort immer irgendwas gemacht: Informationen gegeben, Veranstaltungshinweise gestreut. Das war auch die Erwartungshaltung der Leute, die sich am 4. September eingefunden hatten. Wir waren ja schon mit den Transparenten in die Kirche gekommen, hatten dort Freunde gefragt und die haben sich sehr schnell entschieden, da mitzumachen. 

kreuzer: Das Zeitgeschichtliche Forum warb mit dem Foto der Aktion. Dabei ist das Foto mit Schwarz-Rot-Gold versehen. Wurden Sie gefragt? 

Oltmanns: Es war ein ziemlicher Schock. Ich habe es das erste Mal auf so einem großen Werbeplakat gesehen und dachte: »Oh Gott! Jetzt noch schwarz-rot-gold? Das wars nicht.« Ich bin auch nicht gefragt worden, ob ich das gut finde. Aber jedem, der mich gefragt hätte, hätte ich gesagt, dass ich den Bezug sehr schräg finde. 

kreuzer: Welchen Bezug?

Oltmanns: Na, da so eine nationalistische, nationale Sache reinzuinterpretieren. Das war es am 4.9.89 echt nicht. 

kreuzer: Was können Sie aus der Zeit zwischen September 89 und dem 9. Oktober erzählen? 

Oltmanns: Für mich war der 11. September einschneidend. Das war die Rache der Stasi für unsere Aktion am 4. mit dem Transparent. Wir standen gekesselt auf dem Nikolaikirchhof, Polizei und Stasi haben wirklich zugeschlagen. Die haben Leute verhaftet, auch ganz enge Freunde von uns. Das hatte uns wirklich schockiert. Also in dieser Brutalität. Und aus diesem »Das können wir nicht ertragen« heraus haben wir uns organisiert. Wir haben ein Telefon bekommen in der Kirchgemeinde. Und es kamen andere Netzwerke dazu, die über die vergangenen Jahre aufgebaut worden waren. Zu Journalisten, zur Charta 77, zur Solidarność, so dass wir auch europäisch oder international Informationen rausgeben konnten, was hier in Leipzig los ist. Dann hat sich was Schönes gefunden. An der Nikolaikirche standen dann Kerzen und Blumen. Und da waren Zettelchen: »Wir wollen die Freilassung unserer Freunde«. Da konnten Neugierige hingehen. Da konnten aber auch die Leute, ohne dass sie sich besonders outen mussten, eine Kerze hinstellen oder eine Blume. Das wurde ein Ort der Solidarisierung. Und ich glaube, das war ein Ort für viele, die noch ganz weit weg waren von dem, was oppositionelle Gruppen machten. Dass sie auf einmal diesen Schritt aus dem Privaten oder von hinter der Gardine wagen konnten, hinaus auf die Straße. Ich glaube, auf diesen Schritt kam es an. Das wollten wir ja die ganze Zeit. Dass die Leute aktiver werden, oder zumindest erst mal sagen: »Ja, wir finden das in Ordnung, was die wollen.« 

kreuzer: Sie sagen immer »Wir«. Wer war dieses »Wir«?

Oltmanns: Es war das eigene Umfeld, Freunde. Bei mir waren das die politischen Oppositionsgruppen – erst innerhalb der Kirche, dann bewegte ich mich mehr und mehr zwischen den Gruppen, die einen waren mir zu konspirativ, die andern zu sehr Öko-freakig.

kreuzer: Waren das eher junge Leute oder hat sich das gemischt?

Oltmanns: Also, sehr verrückt – in Leipzig waren sie sehr jung. Es war wirklich eine sehr junge Szene von 18- bis 30-Jährigen. Das war ein bisschen anders als bei den Berlinern. Die Berliner waren immer die intellektuellen Köpfe. Die habe ich sehr verehrt, weil – ihre Texte, die wir im Samisdat lesen konnten, die waren die Grundlage für das Denken oder für Pläne und für Zukunftsvisionen für die DDR. Das hatte eine europäische Dimension. Hier in Leipzig gab es noch eine ältere Szene, vor allen Dingen in Kirchengruppen. Das waren Friedensgruppen, die aus der Friedensdekade hervorgegangen waren. Sie verstanden oft nicht, was wir eigentlich wollten. Denen waren wir zu krawallig oder zu offensiv. Das hat sich innerhalb der Kirche dann auch so hochgeschaukelt, dass die Kirchenoberen gemerkt haben, sie können dem, was die jungen Leute politisch wollen, in der Kirche nicht so einen Raum geben. Deshalb sind wir dann 1988 auf die Straße gegangen. 

kreuzer: Es gab also nicht nur eine Gruppe?

Oltmanns: Es gab eine unheimliche Vielfalt. Man hat sich nicht bekämpft, sondern toleriert. Es gab Auseinandersetzungen über irgendwelche Papiere, die gemeinsam unterschrieben werden sollten, verschiedene Visionen wurden hinterfragt und angefochten. Aber im Prinzip konnte man sich doch sicher sein, dass man von Solidarität getragen ist. 

kreuzer: Hatten Sie für sich ein Leben in der DDR eingerichtet? Was wollten Sie eigentlich werden? 

Oltmanns: Einen Beruf zu ergreifen, einen, den ich mir wirklich wünschte – das brach bei mir schon sehr früh weg. Als ich in der EOS gegen diese militärische Ausbildung revoltierte, war das schon der Knockout für alles Weitere. Kein Studienplatz, auch keine Lehre, Ausbildung. Nach vielen Versuchen hab ich das irgendwann begriffen, dass es da irgendwas gibt, in der berühmten Kader-Akte, die einen ja wie so ein Schatten begleitete durch das DDR-Leben. Ich begann wieder Musik zu machen und dachte, immerhin so ein externer Abschluss wäre möglich. Da wirst du vielleicht mal in einem C-Orchester oder so unterkommen. 

kreuzer: Was für ein Instrument?

Oltmanns: Bratsche hab ich gespielt. Und als dann aber das Politische so stark wurde, hab ich das auch ganz hinten angesetzt.

kreuzer: Gab es im September 1989 schon das Ziel Wiedervereinigung?

Oltmanns: Wiedervereinigung war überhaupt kein Thema, für meine Generation sowieso nicht. Wir waren in der DDR aufgewachsen, für mich spielte die Demokratisierung der DDR eine Rolle. Neues zu finden, neue Möglichkeiten. Nicht, das zu übernehmen, was es in der BRD gab. Wir waren eigenständige Denkerinnen, für uns war vieles nicht interessant, was es im Westen gab und wie manches umgesetzt wurde. Wir dachten schon noch, dass man für die DDR eine neue Chance haben könnte. Das waren auch so viele Texte, die in dem Samisdat erschienen waren. Die richteten sich genau darauf hin, dass man eigene Modelle entwickelt. Das haben wir so im Gepäck gehabt.

Dann gründete sich am 9. September das Neue Forum. Das war für mich der Ansatz: Wir gründen eine Bürgerbewegung. Die Menschen standen Schlange, um in unser Forum einzutreten. Mitte September, Ende September waren alle damit beschäftigt, Ortsgruppen zu gründen, Versammlungen zu machen und Sprecher zu finden. Wir waren ja alle nicht geübt. Und wir hatten auch noch nicht so die Mittel. Da wurde noch getippt mit zehn Durchschlägen. Das war eine sehr hoffnungsvolle Zeit. Wir hatten die Hoffnung, dass sich aus den Strukturen heraus dann wirklich Ansätze wie Selbstverwaltung und Selbstorganisation entwickeln. 

kreuzer: Dann kam der Mauerfall im November, wie ging es dann weiter? 

Oltmanns: Ich habe mich ziemlich schnell rausgenommen – schon ab November. Im Dezember noch ein bisschen die Stasi-Besetzung, aber mehr als Zaungast. Ich hatte das Gefühl, dass es jetzt so viele Aktive gab. Wir hatten uns total ausgepowert, ich wollte erst einmal zu mir kommen. Für mich selber war das sehr gut so. Aber wenn ich jetzt so sehe, was alles verpasst worden ist in dieser Zeit, da denke ich natürlich, vielleicht hättest du mehr tun müssen damals. 

kreuzer: War das bei anderen auch so, dass die sich so schnell rausgenommen hatten?

Oltmanns: Ich glaube, das war schon sehr speziell von mir. Es haben sich viele beim Neuen Forum oder bei den Neugründungen eingebracht. Wir haben damals auch noch in so einem besetzten Haus gewohnt, und ich wollte einfach wieder dieses Leben haben. Bei uns hieß eine Gruppe »IG Leben«. Das ist irgendwie ein verrückter Name, aber genau das war es. Wir wollten eben ein anderes Leben. Wir wollten wirklich ein buntes, ein freies Leben haben. So kurz und knapp. Wenn du das heute jemandem erzählst, dann musst du das immer erklären. Das versteht keiner: Hä, wie? Leben?

kreuzer: Wenn es jetzt schon so schwierig zu verstehen ist, wie wird das erst in zehn Jahren sein? 

Oltmanns: Dafür gibts ja zum Glück die Geschichtsschreibung. Ich denke nach wie vor – und deshalb scheue ich jetzt weniger die Öffentlichkeit –, wir haben jetzt die Chance, etwas zu richten in der Kommunikation zwischen Enkeln und Großeltern. Die Großeltern haben die DDR und diese ganzen Prozesse danach erlebt und sind wahrscheinlich oftmals nicht heil rausgekommen oder fühlen sich so. Das wird jetzt auf die Jugendlichen gespiegelt. Ich finde, wir müssen uns dazwischenbringen; mit dem, wie die Jugendlichen uns fragen und wir erzählen, wird sich ein Geschichtsbild auch zurechtrücken. Dass es nicht nur Oma und Opa sind, die die DDR toll erlebt haben, wo sie sich sicherer gefühlt haben, sondern dass sie auch hören: Es gab wirklich eine Diktatur und es haben viele darunter furchtbar gelitten, und es gab eine Sehnsucht nach Freiheit.

kreuzer: Sie haben gesagt, Ende 89 ist so einiges verpasst worden. Was wurde da verpasst? Wie hätten Sie sich gewünscht, dass es weitergeht?

Oltmanns: Das ist jetzt die Frage der Fragen, das ist so gemein! Wenn ich darauf eine Antwort wüsste. Was ist genau verpasst worden? Ich erlebe jetzt zum Beispiel die Berliner Leute, die am zentralen Runden Tisch gesessen haben, die klar sagen: »Wir haben uns so angestrengt, Alternativen aufzuzeigen und festzuschreiben und vertragliche Entwürfe zu machen, und das war alles nichts wert.« Es wurde von den Leuten nicht wertgeschätzt. Was sich ja in der Volkskammerwahl gezeigt hat. 

kreuzer: Von den Wählern?

Oltmanns: Ich glaube, dass das Zeitfenster zu kurz war, um wirklich zu transportieren, was vorbereitet war, was gedacht war, was gewollt war. Da ist einfach diese Grenzöffnung, diese ganze Flut von Eindrücken oder von Materialien, von Parteien und Angeboten über uns geflattert. Diese wirklich sehr kontinuierliche Arbeit, die es schon gab, die war auf einmal nichts mehr wert. 

kreuzer: Woran lag das?

Oltmanns: Auf einmal waren ganz viele Flugblätter da, oder irgendwelche Zettelchen, die Republikaner waren auf einmal ganz stark hier. Und du hast gedacht: Was? Und das schlug schnell in den Wahlkampf um. Dem waren wir nicht gewachsen. Also mir tuts schon leid. Dieses Wahlergebnis bei der Volkskammerwahl, das war echt der Hammer. Das war für uns damals so ähnlich wie heute so ein Wahlergebnis mit der AfD.

kreuzer: Das Bündnis 90, der Zusammenschluss der DDR-Bürgerrechtsbewegungen, bekam bei der ersten freien Wahl zur Volkskammer am 18. März 1990 genau 2,9 Prozent der Stimmen.

Oltmanns: Als der Wahlkampf begann, also nach Kohls Rede (am 19. Dezember 1989 in Dresden, d. Red.), war es irgendwie ausgesprochen. Und die Leute waren nicht mehr einzufangen. Und dann hatte das einen so unheimlich aufgerieben, für Bündnis 90 zum Beispiel Wahlkampf zu machen. Aber die Leute wollten nur noch die andere Währung, das andere System.

kreuzer: Wenn man sich Fotos anschaut, sieht man, dass es am Anfang eine breite Bewegung ist. Und dann kommen der November/Dezember 89, da geht das los mit den Fahnen. Plötzlich stehen alle mit Deutschlandfahnen rum. Und dann auch mal einer mit einer Reichskriegsflagge dazwischen. Wie haben Sie das erlebt?

Oltmanns: Da sind wir schon lange nicht mehr mitgelaufen, wirklich nicht. Weil, das war für uns unfassbar. Und die Neonazis, die auf einmal durch die Republikaner aus allen Löchern kamen. Und die ja auch bei den Demos präsent waren. 

kreuzer: Plötzlich ist diese völlig bizarre Situation da. Der allmächtige Staat bricht komplett zusammen. Was ist das für ein Gefühl? Was denkt man da? 

Oltmanns: Wir haben uns gefragt: Wars das jetzt? Irgendwann hat jemand gesagt: »Heldenstadt Leipzig«. Da haben wir nur gelacht.

kreuzer: Warum?

Oltmanns: Helden waren Helden des Krieges, Helden der Sowjetunion, Helden des Kommunismus, also: Ein Heldentum, das war irgendwie ein absurder Begriff.

kreuzer: Aber wie haben Sie sich persönlich gefühlt?

Oltmanns: Ich hatte eher das Gefühl, die Energie zerfließt. Auf einmal gab es so viele Möglichkeiten, man konnte das machen, was einem vorher bis zur Rente verschlossen war. Aber für die Entwicklung einer anderen Gesellschaft hatte ich das Gefühl, die Energie streut sich so weit, dass sie nicht mehr einzusammeln ist. 

kreuzer: Was wäre passiert, wenn es die Wiedervereinigung nicht gegeben hätte? Dann hätten wir hier eine DDR, und wir würden hier sitzen …

Oltmanns: … nee, dann hätten wir – glaube ich schon – ein wiedervereinigtes Deutschland, aber wir hätten eine gemeinsam diskutierte neue Verfassung, wir hätten eine andere Nationalhymne. Und ich glaube, dass dadurch auch die Einstellung der Leute eine andere wäre, weil sie ein anderes Gefühl hätten, sich eingebracht zu haben und selber eben auch gewachsen zu sein in diese Rolle als Staatsbürgerin. 

kreuzer: Mit anderer Einstellung meinen Sie, dass die Leute dann heute nicht alle AfD wählen würden?

Oltmanns: Ich meine, dass sie sich in der Gesellschaft verwurzelter fühlen würden. Die Essenz von 89 ist eine gestaltende Kraft. Und wenn du Teil von so was bist, dann trägst du das auch weiter. Dann übernimmst du das und beteiligst dich in einer Gesellschaft, dann siehst du auch, wo du wichtig bist und wo du gefragt bist.

Ich glaube, es gäbe dann im Osten vielleicht ein anderes Bild der Gesellschaft. Wenn über eine längere Zeit des Selbstfindens dieses Zusammenfinden besser geklappt hätte, dann hätte man was Gemeinsames schaffen können. Es geht heute ja bis dahin, dass man immer noch Ost- und Westgeschichte trennt, dass man nicht sagt: Das ist eine Geschichte.

kreuzer: Und das hätte erreicht werden können, wenn man nicht so schnell eine Wiedervereinigung gemacht hätte, sondern noch so ein paar Jahre nebeneinander gelebt hätte?

Oltmanns: Das wäre so meine Vorstellung von dem, wie es anders hätte laufen können.

kreuzer: Gab es damals, 89, auch so eine Vorstellung?

Oltmanns: Ja, auf jeden Fall.

kreuzer: Dass man Zeit hat und dann gemeinsam einen ganz neuen deutschen Staat macht?  

Oltmanns: Das wäre die Wertschätzung gewesen, auch für die Bürgerbewegungen, die Westdeutschland uns hätte entgegenbringen können. Also die Wertschätzung, auch erst einmal für die Veränderung so viel riskiert zu haben. Und dann eben auch die Wertschätzung, indem man sagt: So, jetzt findet euch, so, jetzt wollen wir auch hören: Was wollt ihr eigentlich? 

kreuzer: Aber empfinden Sie nicht die Milliarden des Aufbau Ost als Wertschätzung? Oder jetzt die fünf Millionen Euro für ein Einheitsdenkmal in Leipzig? 

Oltmanns: Wertschätzung ist nichts, was man in Geld messen kann, das ist ja absurd. Eine Wertschätzung ist ja etwas Aktives, wo auch eine Haltung dahintersteht – und eine ehrliche Haltung muss das sein.

kreuzer: Gibt es denn, das ist jetzt mal so ganz realpolitisch, etwas, was der deutsche Staat oder die Politik tun könnten, um so eine Wertschätzung zu geben? 

Oltmanns: Da bin ich unkreativ (lacht). Viele Chancen sind verspielt und ich weiß nicht, ob es noch eine gibt. Auf alle Fälle dürfen wir uns wehren, die Herbstrevolution in Anbetracht dessen, was folgte, kleinzureden. Das solidarische, emanzipatorische Moment ist das Authentischste, und das trägt auch heute.

Dieses Agieren-Wollen und dieses Etwas-nicht-zulassen-Wollen, das habe ich schon noch sehr verinnerlicht. Nach wie vor ist für mich das Menschenrechtsthema das zentrale. Das hat uns damals in die Opposition gebracht. Und das ist auch heute noch da, das hört ja nie auf.


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