In Halle erschoss ein Rechtsterrorist zwei Menschen, 51 Menschen in der Synagoge entgingen nur knapp einem Massaker. CG-Chef Christoph Gröner moniert, dass die Gewalttat in den Medien mehr Platz fand als die Sorge um sein Immobilien-Unternehmen. Das ist mehr als geschmacklos, kommentiert Chefredakteur Andreas Raabe.
Als Anfang Oktober auf einer Baustelle der Immobilienfirma CG-Gruppe drei Autokräne brannten, entstand ein Sachschaden von mehreren Millionen Euro, Anwohner mussten kurzzeitig evakuiert werden. Die Polizei geht von Brandstiftung aus, konkrete Hinweise auf Täter oder Motiv hat sie nicht. Eine Woche darauf lud die Baufirma CG zu einer Pressekonferenz, auf der es um den Fall gehen sollte. Anwesend war auch der Chef: Christoph Gröner. Zunächst beantwortete er die drängendsten Fragen. Dann verkündete er, dass er nach einer Twitter-Recherche den Eindruck habe, die Täter könnten nur aus dem linken Lager kommen. Später ging es dann noch um »die Ökos und, in Klammern, teilweise Faschisten« – und darum, dass »die Gretas dieser Welt sozusagen den Trumps dieser Welt quasi den Weg bereiten«.
Schließlich hob Gröner zur Medienkritik an und brachte den rechtsterroristischen Anschlag in Halle mit der Brandstiftung an den Kränen auf seiner Baustelle in Verbindung. Gröner im Wortlaut: »Wir haben die Situation, dass leider Gottes die Presse, wenn ein schlimmer Anschlag wie in Halle stattfindet, tagelang nichts Besseres zu tun hat, als sich auch so damit zu beschäftigen, als gäbe es auch nur diese eine Situation. Jeden Tag kommen viele Menschen um, jeden Tag passieren viele schlimme Dinge und man versucht erst gar nicht, ausgewogen auf die Situation in diesem Land, auf diese Situation, die wir vorfinden, einzugehen.« Und ein paar Sätze später: »Ich habe in der Presse nicht gelesen, dass sich irgendeiner Sorgen um dieses Unternehmen macht.«
Dass so ein Vergleich hinten und vorne hinken würde, sollte selbst dem einfachst gestrickten Geist klar sein. In Halle wurden zwei Menschen erschossen, die 51 Menschen in der Synagoge entgingen nur knapp einem Massaker. Es ist mehr als nur eine Geschmacklosigkeit, den antisemitischen Anschlag, einen Horror inklusive Livestream, zu benutzen, um sich selbst als Opfer zu stilisieren. Und sich noch zu beklagen, dass zu viel über den rechten Terror berichtet wird, aber nicht richtig über die eigene Firma. Vielleicht entschuldigt sich Gröner ja irgendwann mal dafür.
Man will nicht wissen, was der CG-Chef sonst noch so erzählt, abseits von Pressekonferenzen. Muss man glücklicherweise auch nicht. Obwohl: Im Sommer hat Gröner angekündigt, einen »Verein für gesunden Menschenverstand« (finaler Name noch ausstehend) gründen zu wollen. Dessen Ziel: Die redaktionelle Aufbereitung tagespolitischer Themen sowie grundlegender Fragen der modernen Gesellschaft für eine interessierte Öffentlichkeit. Dafür suchte die CG jüngst einen Investigativ-Journalisten. Jobbeschreibung: Einen »Kontrapunkt« gegen die »post-faktisch geprägte Diskurswelt« setzen und Menschen in Deutschland »unabhängig von den klassischen und sozialen Medien sowie parteipolitischer Kommunikation zu machen«. Man darf gespannt sein. Ins Foyer des Vereins will er Neo Rauchs Schmähbild »Der Anbräuner« hängen, das er kürzlich für 750.000 Euro erwarb. Weil Selfmade-Millionär Gröner die Berichterstattung nicht passt, will er nun eigene Nachrichten machen. Für Gröners »gesunden Menschenverstand« eine logische Schlussfolgerung. Für alle anderen schlicht ungebremste Egomanie.