Tea Loewe hat viele Ideen und man merkt ihr die Freude an, dass eine davon im letzten Jahr endlich Wirklichkeit geworden ist. Der Hybrid Verlag hat den ersten Fantasy-Roman der Suchtberaterin Loewe herausgebracht: »Das Geheimnis von Talmi’il«. Der kreuzer sprach mit ihr über Weltenbau, Schreiben zwischen Vollzeitjob und Kinderbetreuung – und die Erwartungen an weibliche Fantasyautorinnen.
kreuzer: Frau Loewe, wie kommt es, dass Sie einen Fantasyroman mit mehr als 45 Charakteren und über 400 Seiten als Ihr Debüt bezeichnen können?Tea Loewe: Mir fiel Ende 2013 in meiner Elternzeit die Decke auf den Kopf. Ich habe schon immer viel geträumt und mir Geschichten ausgemalt, habe in meiner Jugend viel Fantasy gelesen: je dicker das Buch und je komplexer die Welt, desto besser. Da dachte ich mir, dass ich das mit dem Schreiben jetzt einfach mal probieren muss. Wenn ich die Chance hatte, bin ich in den Park oder in ein Café, hab den Kinderwagen abgestellt, den Laptop ausgepackt und geschrieben, so lange es ging. Jetzt sitze ich oft im Wendlbäcker an der Bornaischen Straße, wenn ich mir etwa alle zwei Wochen einen Schreibtag freigearbeitet hab. Nach der Arbeit komme ich oft nicht dazu, darum mache ich es so.
kreuzer: Wie schreibt man ein so groß angelegtes Buch? Einfach anfangen?Loewe: Erst mal habe ich einen Plot auf zwei Seiten entworfen. Dann bin ich von der groben Struktur immer weiter in die Details gegangen. Irgendwann habe ich dann aber doch von vorne angefangen zu schreiben und schnell gemerkt: Da ist es noch zu langweilig und zu gradlinig – da braucht es noch einen Spion in den eigenen Reihen! (lacht) Es hat sich also viel auf dem Weg ergeben, im Laufe des Schreibens.
kreuzer: Wie ist es möglich, all diese Fäden zusammenzuhalten? Haben Sie so eine Wand zu Hause, an der Sie alles skizzieren?Loewe: Ich habe tatsächlich eine Landkarte gezeichnet – die sieht natürlich furchtbar stümperhaft und nicht so schön aus wie die im Buch. Dann hatte ich noch eine extra Karte von der Hauptstadt und eine Zeichnung vom Königshaus. Ich habe auch über den gesellschaftlichen Hintergrund der Welt nachgedacht. Es hat ja ein mittelalterliches Flair, es gibt zum Beispiel Gilden. Und vieles habe ich mir auf dem Weg überlegt, wenn es eben ein Problem gab, das gelöst werden musste. Es gibt ja Leute, die plotten alles vor. Das liegt mir nicht. Ich brauche eine Richtung, aber innerhalb des Rahmens müssen die Figuren selbstständig agieren dürfen.
kreuzer: Hat Ihnen Ihr Abschluss in Psychologie dabei geholfen, die Charaktere zu entwerfen?Loewe: Ich habe die Figuren nicht unter einem psychologischen Aspekt entworfen, aber bei mir gibt es keine klassischen Helden und Bösewichte, sondern einfach Menschen. Keine reine Bosheit, sondern immer begründete Absichten. Ich musste ja auch erst mal verstehen, warum die alle so sind, wie sie sind.
kreuzer: Und heute, ein dreiviertel Jahr nach der Veröffentlichung – haben sich Ihre Erwartungen an das Autorinsein erfüllt?Loewe: Es wurden einerseits Erwartungen übertroffen und trotzdem gab es auch Enttäuschungen. Man hat es mit einem kleinen Verlag schwerer, weil dessen Bücher kaum in den Buchhandlungen stehen. Ich habe vor allem eine Online-Community und mache ganz viel über Eigenmarketing. Da muss ich realistisch bleiben – man wird ja auch selten mit dem ersten Buch berühmt. Andererseits war es überwältigend, als das Buch dann tatsächlich da war. Wenn Amazon-Rezensionen reinkommen, bin ich schon immer sehr begeistert und stolz. Man zeigt ja auch andere Seiten von sich im Buch und fragt sich, wie die Leute darauf reagieren.
kreuzer: Inwiefern?Loewe: Von männlichen Fantasylesern ist man als Frau leider oft abgeschrieben, weil man »nicht hart genug« ist, aber ich hatte schon genug männliche und weibliche Leser, denen es gefallen hat, denn ich
gehöre nicht gerade zur zimperlichen Sorte, was die Actionszenen betrifft.