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Stadtleben

Die Gefahren sehen

Wege zur Verkehrssicherheit in Leipzig

  Die Gefahren sehen | Wege zur Verkehrssicherheit in Leipzig

Wie steht es um die Verkehrssicherheit in Leipzig? Zahlen und Umfragen zeigen, dass Leipzig noch einiges zu tun hat. Dabei helfen sollen LKW-Abbiegeassistenten und Tempo-30-Zonen. Der kreuzer hat sich erkundigt, was hinter den Maßnahmen steckt und wie Virtual Reality bei der Verkehrssicherheit helfen kann.

Zwei von drei Radfahrerinnen fühlen sich in Leipzig nicht sicher. Diesen Satz muss man erst mal wirken lassen. Er geht aus dem aktuellen Fahrrad-Klimatest des Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Leipzig 2021 hervor und zeigt vor allem eins: Um die Verkehrssicherheit in Leipzig für alle zu erhöhen, muss noch einiges passieren. »Gerade für die Schwächsten, Fahrradfahrerinnen und Fußgängerinnen muss noch mehr getan werden«, sagt auch die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Franziska Riekewald. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt ambivalente Entwicklungen: Die Unfallstatistik 2020 verzeichnete zwar insgesamt einen klaren Rückgang der Unfälle, die Zahl der verunglückten und getöteten Fahrradfahrerinnen blieb jedoch gleich. Insgesamt kam es in Leipzig zu rund 12 000 Unfällen, dabei starben 14 Personen.

Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit stehen insbesondere zwei Maßnahmen auf dem Programm der Leipziger Politik, für die der Stadtrat bereits den Weg frei gemacht hat: Die Einführung einer Tempo-30-Zone und ein Verbot für LWK ohne Abbiegeassistenten.

Künftig soll allen LKW ohne Abbiegeassistenz die Einfahrt in zentrale Gebiete des Leipziger Stadtgebiets untersagt werden. Geregelt wird das vermutlich zunächst mit Übergangsfristen. Ein konkreter Plan für die Umsetzung und die Kontrolle seitens der Stadtverwaltung sollte eigentlich bis Januar 2021 kommen, steht bislang aber noch aus. Finanzielle Unterstützung bei der Aufrüstung kann jetzt schon beim Bund beantragt werden: Seit 2018 gibt es einen Fördertopf für die freiwillige Nachrüstung mit Abbiegeassistenten.

Das sogenannte Abbiegeassistenzsystem soll helfen, Radfahrende oder Fußgängerinnen im sogenannten toten Winkel zu sichten und die Fahrer frühzeitig zu warnen. So soll einer der Hauptursachen von Verkehrsunfällen angegangen werden. Immerhin sind Fehler beim Abbiegen laut Unfallstatistik 2020 die zweithäufigste Ursache für Unfälle, bei denen Personen verletzt oder getötet wurden. »Die Abbiegeassistenten sind ein sehr wichtiges Instrument«, sagt auch Christian Erbsmehl, der am Fraunhofer Institut in Dresden zu Verkehrssicherheit forscht, im Gespräch mit dem kreuzer.

Lokalpolitisch umstritten: Die Tempo-30-Zone

Ein weiterer Faktor für die Verkehrssicherheit ist das Tempo: 129 Mal führte unangepasste Geschwindigkeit in Leipzig 2020 zu einem Unfall, bei dem Menschen verletzt wurden. Die Diskussionen um Geschwindigkeitsbegrenzungen inner- sowie außerstädtisch ist ungefähr so alt und so deutsch wie das Auto selbst. Nach aktueller Straßenverkehrsordnung können Städte und Kommunen ein Modellprojekt für Tempo-30-Zonen entwickeln und sich damit beim Bundesverkehrsministerium bewerben. Zahlreiche Städte haben das schon gemacht, nach dem Stadtratsbeschluss im März dieses Jahres auch Leipzig.

Wie die Zeit berichtete, scheint die Kooperation zwischen Kommune und Bund unter Verkehrsminister Andreas Scheuer allerdings nicht allzu gut zu funktionieren. Demnach wies das Bundesverkehrsministerium seine Zuständigkeit teilweise von sich und lässt die kommunalen Anträge unbeantwortet. Leipzigs Weg zur nachhaltigen und sicheren Mobilität scheint, ähnlich wie beim 365-Euro-Ticket, auch von der Gunst des aktuellen Bundesverkehrsministers abzuhängen.

Auf Gefahren sensibilisieren

Abbiegeassistenten und Tempo-30-Zonen nehmen einen großen Teil der öffentlichen Debatte um Verkehrssicherheit ein. Laut Verkehrssicherheitsexperte Christian Erbsmehl vom Fraunhofer Institut braucht es aber noch etwas anderes für mehr Verkehrssicherheit: die zielgerichtete Verkehrserziehung, um Menschen für Gefahren zu sensibilisieren. »Man sollte auch die psychologische Komponente berücksichtigen«, sagt Erbsmehl, »es muss das Gesamtverständnis der Situationen bei den Betroffenen in den Vordergrund gerückt werden«.

Der öffentliche Blick auf Hauptunfallursachen und mögliche Infrastrukturprojekte greift laut Erbsmehl häufig zu kurz. Er und sein Team arbeiten vor allem an Schulen und unter Einsatz von Virtual-Reality-Techniken, in denen eine Gefahrensituation realistisch nachempfunden werden kann. So sollen sich junge Verkehrsteilnehmerinnen besser in die Lage eines abbiegenden LKW-Fahrers hineinversetzen können und sich klar machen, wie sie sich selbst schützen können.

Zur Gesamtlage der Verkehrssicherheit in Leipzig zeigt sich Linke-Politikerin Franziska Riekewald durchaus zufrieden. Es gebe noch einiges zu tun, dennoch »sind wir hier schon weiter als manch andere Stadt«, sagt sie. Mit den neuen Maßnahmen geht es also hoffentlich bald voran, damit Leipzigs Straßen für Radfahrende und Fußgängerinnen sicherer werden.


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1 Kommentar(e)

Nils Hammer 06.06.2021 | um 14:57 Uhr

Und dazu fühlen sich 9/10 Fußgängern in Leipzig nicht sicher. Dafür wird garnichts getan. Der Bayerische Platz ist schon seit 90ern eine Zumutung. Autos hier, Fahrradfahrer hier.... was ist mit dem laufenden Volk!? Aber hoer wird in den nächsten 10 Jahren nichts passiert sein. Die Stadt zeigt ja seit Anfang der 90er das sie nichts wirklich auf die Reihe bekommen.