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Kultur

Mörder im Reservat

»Strangers« erzählt die Geburt eines Superhelden in der kanadischen Wildnis

  Mörder im Reservat | »Strangers« erzählt die Geburt eines Superhelden in der kanadischen Wildnis

Unzählige Bücher überfluten den Markt. Linn Penelope Micklitz und Josef Braun helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun »Strangers« von David A. Robertson und erinnert sich bei der Lektüre an die vielen Jugenderlebnisse, in denen lesen bedeutete, alles um sich herum zu vergessen.

Der Tag, an dem Harper Cole in das Reservat seiner Kindheit zurückkommt, ist kein guter Tag. Weder für ihn, noch für die Gemeinschaft, für die der Jugendliche die lebendige Erinnerung an eine Tragödie ist, die wie ein Schatten über dem Leben in Wounded Sky liegt. Viele der Reservatsbewohner sehen in Cole den Städter, der die Traditionen seines Cree-Stammes vergessen, sich aus dem Staub gemacht hat. Seine besten Freunde Eva und Brady haben andere Gründe, sauer auf Cole zu sein. Jahrelang hat er sich nicht bei ihnen gemeldet. Kein guter Start für eine Mission, von der Cole gar nicht weiß, worin sie eigentlich besteht. Eines Tages erhält er eine SMS, kehrt zurück ins Reservat, wo kurz darauf seltsame Dinge geschehen. Menschen sterben an einer geheimnisvollen Seuche, werden erschossen oder verwandeln sich in Kojoten.

[caption id="attachment_128985" align="alignright" width="220"] »Strangers«; Cover: Merlin Verlag[/caption]

Im Auftakt zu seiner Trilogie über einen jugendlichen Superhelden erzählt der Autor David A. Robertson, selbst Teil eines indigenen kanadischen Stamms, vom Leben zwischen der Geisterwelt der Ahnen und unserer modernen Zeit mit ihren neuen Idolen, Serien, Sportarten und Spielen. Seine Sprache ist knapp, die Dialoge und Beschreibungen wirken, als könnte man sie direkt auf die Leinwand oder in einen Comic übersetzen. Entsprechend karg fällt bei der ein oder anderen Figur die Tiefe aus. Wie für Superhelden-Geschichten nicht unüblich, setzt Robertson mehr auf die Handlung als auf seine Charaktere. Immer passiert etwas, Szenen reihen sich aneinander, bis man mit dem Umblättern kaum hinterherkommt. Das erzeugt beim Lesen einen Sog, auch wenn so manche Szene bei genauer Betrachtung schon verwundert. Etwa wenn sich Cole, kurz nachdem er die Leiche eines Mädchens in den Händen hielt, im Wald stehend langweilt. Mehr als einmal scheinen die Emotionen an den Figuren abzuperlen, werden eher behauptet denn glaubhaft beschrieben. Die eine oder andere zusätzliche Nuance hätte dem Buch sicher gut getan. Andererseits versteht es Robertson von Anfang bis Ende die Spannung aufrecht zu erhalten. Langweilig wird es hier nie.


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