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Stadtleben

Nach der Demo ging's bergab

Während und nach der Demonstration von »Wir sind alle Linx« kam es zu zahlreichen Vorfällen

  Nach der Demo ging's bergab | Während und nach der Demonstration von »Wir sind alle Linx« kam es zu zahlreichen Vorfällen

Unter dem Motto »Wir sind alle Linx« sind bis zu 5000 Menschen durch Leipzig gezogen. Aus der Demo flogen Flaschen, Steine und Pyrotechnik. In Connewitz ging die lange zurückhaltende Polizei rabiat vor – auch gegen Medien.

Gegen 14 Uhr sammeln sich die teils weit angereisten Menschen am Startort Johannisplatz. Auf Transparenten solidarisieren sie sich mit der Leipziger Studentin Lina E., der die Bundesanwaltschaft vorwirft, eine »kriminelle Vereinigung« angeführt und Personen aus der rechten Szene überfallen zu haben. Vor eineinhalb Wochen hat der Prozess gegen sie vor dem Oberlandesgericht Dresden begonnen. Bei der Auftaktkundgebung in Leipzig wird ein Grußwort von E.s Mutter abgespielt. »Ich bin zornig und erschüttert über die Kriminalisierung meiner Tochter und wie sie zur Terroristin stilisiert wird«, sagt sie. Empört habe sie außerdem die sexistische Berichterstattung einiger Pressehäuser. Den Demonstrierenden dankt sie für die »großartige Unterstützung, eure Verbundenheit und das gemeinsame Aufstehen gegen Faschismus und Rassismus«.

Nach Zwischenkundgebung fliegen erste Gegenstände

Kurz nachdem sich der Demonstrationszug nach einer Zwischenkundgebung am Wilhelm-Leuschner-Platz wieder in Bewegung gesetzt hat, fliegen die ersten Gegenstände. Es trifft die Polizeidirektion in der Dimitroffstraße, die mit Farbbeuteln und Glasflaschen beworfen wird. Feuerwerksraketen explodieren an der Fassade, von unten steigt roter Rauch in den Himmel. Auf ihrem Weg zum Connewitzer Kreuz schmeißen Demonstrierende Steine gegen die Scheiben mehrerer Bankfilialen, den Eingang eines Luxus-Apartmenthauses für Studierende und gegen einen Tesla, der am Straßenrand steht.

An der Kreuzung von Karl-Liebknecht- und Richard-Lehmann-Straße wirft eine Gruppe Steine in Richtung eines Polizeiwagens, der schnell kehrtmacht. Ein Kommunikationsbeamter rennt ihm hinterher. Bei der Indymedia-Demo im Januar 2020 hatte die Polizei an derselben Stelle einen großen Teil des Aufzugs gestoppt. Diesmal hält sie sich zurück, fährt in Parallelstraßen und ist außer an der Spitze der Demonstration kaum zu sehen. Einzige Ausnahme ist der Polizeihubschrauber, der sicht- und hörbar über der Menge kreist.

Ärger wegen einem Transparent

Das erklärte Ziel des Demonstrationsbündnisses: zusammen bleiben. Alle Demoblöcke sollten den Endpunkt am Connewitzer Kreuz erreichen. »Wir werden uns von der Polizei hierbei nicht spalten lassen«, kündigte Bündnissprecherin Ada Hummel an. Das klappt zwar, allerdings versucht die Polizei auch an keiner Stelle in die Menge zu gehen. Sei es, weil sie nicht zur Eskalation beitragen will oder weil der schwarze Block, der ihr entgegensteht, zu groß ist. »Es haben sich wahnsinnig viele Menschen der Demonstration angeschlossen«, freut sich das Bündnis. Für Ärger sorgt derweil ein Transparent, auf dem Dirk Münster, Leiter der Soko Linx, direkt angesprochen wurde. »Bald ist er aus dein Traum, dann liegst du im Kofferraum«, lautete die Botschaft. Das Transparent sei nicht vom Demokonsens gedeckt gewesen und hätte entfernt werden müssen, schreibt das Bündnis am nächsten Tag auf Twitter.

Polizei geht gegen Unbeteiligte vor

Nach dem Ende der Demo bleiben kleinere Gruppen in Connewitz. Auf der Wolfgang-Heinze-Straße zünden sie Mülltonnen und Paletten an und bewerfen die Polizei, die ein Räumfahrzeug und drei Wasserwerfer vorgefahren hat. Immer wieder kommt es zu kurzen Scharmützeln. Das Vorgehen der Polizei wirkt dabei wenig planvoll. Sie treibt die Menschen aus der Wolfgang-Heinze-Straße und vom Connewitzer Kreuz, wobei sie auch gegen Unbeteiligte vorgeht. Sie schubst Gäste aus einem Imbiss und überrennt Menschen vor einem Spätkauf. Laut Zeit Online wurde dabei einem offensichtlich unbeteiligten jungen Mann ein Zahn ausgeschlagen. Auch klar erkennbare Presseleute gehen die Einsatzkräfte mehrfach an und behindern sie bei ihrer Arbeit. Ein Fotograf wird heftig gegen ein Auto gestoßen und von einem Polizisten gegen den Kopf geschlagen, andere bekommen den Strahl eines Wasserwerfers ab oder werden ohne erkennbaren Grund weggeschubst. Einem Journalisten wird das Mikrofon aus der Hand geschlagen. Es hätten »einige Medienvertreter« angerufen und von Behinderungen berichtet, sagt Polizeisprecherin Sandra Freitag: »Daraufhin haben wir unsere Einsatzkräfte noch mal sensibilisiert.«

Nächste linke Demo im Oktober

In ihren eigenen Reihen zähle die Polizei sieben leicht Verletzte. Unter anderem seien Ermittlungsverfahren wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlichen Körperverletzungen und zahlreichen Sachbeschädigungen eingeleitet worden. Zu Letzterem dürfte auch der demolierte Tesla gehören, dessen Halter abends im Dunkeln noch den Schaden dokumentieren lässt. Äußern will sich der junge Mann dem kreuzer gegenüber nicht, aber er ist sichtlich aufgebracht. Am 23. Oktober soll die nächste linke Demo in Leipzig stattfinden, für die bundesweit mobilisiert wird. Zielort ist wieder Connewitz.


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3 Kommentar(e)

Ralf Reng 19.09.2021 | um 21:22 Uhr

Wären das Querdenker gewesen, bzw wäre es Berlin gewesen, wäre die Polizei wohl härter vorgegangen. Das werden ja meist schon harmlose und ältere (unvermummte) Personen mal eben zu Boden gerissen worden. Hier hat die Polizei weggeschaut, oder einfach den Schwan eingeklemmt. Schon traurig.

M. Groß 21.09.2021 | um 16:04 Uhr

Wieder schön relativierend und ihr merkt es gar nicht? Ein Transparent sorgte also für Ärger? Mit einem konkret adressierten Mordaufruf! Und..haben die 3. Weg Plakate in Zwickau auch für Ärger gesorgt oder waren das Gewaltandrohungen? Nur leicht verletzte Polizisten? Komisch, bei Querdenker Demos findet man diese Differenzierung nicht? Und der Tesla Fahrer war sichtlich aufgeregt - na was für ein Wunder! Ihr könnt Euch in Eurer Connewitz - Verstrahli -Leipzig Bubble schön bequem und vergnüglich machen, aber diese Scheiße interessiert sonst kein einziges Schwein mehr

Greta 28.09.2021 | um 20:43 Uhr

Mit so viel Unselbst-Kritik gibts bei der nächsten Wahl dann halt nur 3,9 % ... man ist ja schön "Links", was soll man denn mit selbstbeweihräucherndem Absolutismus schon falsch machen? Es regt sich es in Leipzig aber auch immer leicht auf über diese gefühlt über allem schwebende radikale Linke (Wegzugsgrund) ....die gleiche Kritik gilt natürlich für alle "totalen" Gruppen im Umland und genrell in der Welt.