Es ist soweit: Die Kinos in Leipzig öffnen! Endlich. Die kulturelle Dürreperiode war in den dunklen Tagen ungleich schwerer zu ertragen als noch in Frühjahr. Zumal der Rest der Republik munter weiter flimmerte. Endlich sind sehnlichst erwartete Filme wie »Matrix Resurrections«, »Spider-Man: No Way Home«, »House of Gucci« oder der frischgebackene Globe-Gewinner »Drive My Car« auch in Leipzig zu sehen. Die Schauburg Leipzig, das Luru Kino in der Spinnerei, die CT Lichtspiele und das Regina Leipzig öffnen am 14.1. , die Cinémathèque und die Passage Kinos ab 27.1. und auch Cineding und Schaubühne Lindenfels bereiten ihre Wiederöffnung vor. Bei CineStar und Kinobar regt sich noch nichts, aber auch hier wird hinter den Kulissen sicherlich unter Hochdruck am Neustart geschraubt. Alle aktuellen Termine finden Sie wieder wie gewohnt auf kreuzer-leipzig.de
Haruki Murakami ist ein meisterhafter Beobachter menschlicher Gefühle und Verhaltensweisen. Seine Geschichten sind melancholisch, verschmitzt, erotisch und zutiefst menschlich. Immer wieder steht die Kunst selbst im Mittelpunkt der Handlung. Dabei ist es für Filmemacher oft schwer, die inneren Monologe und Reflexionen der Figuren in einem Drehbuch einzufangen. Bei Ryûsuke Hamaguchis »Drive My Car« läuft all das zusammen und vermischt sich zu einem traumgleichen Fluss. Basierend auf Murakamis gleichnamiger Kurzgeschichte erzählt das stille Drama von einer dysfunktionalen, aber liebevollen Beziehung, von Verlust und Neuanfang. Jede der Figuren in dem fast dreistündigen Kaleidoskop bringt ihre eigene Geschichte mit und ergänzt die der anderen. Nur in der Gemeinschaft gelingt es, über Traumata hinweg zu kommen. Ruhig und ohne übermäßige emotionale Ausbrüche erzählt Hamaguchi die Geschichte von einem Theaterautor, dessen Schicksal sich im Werk von Tschechows »Onkel Wanja« spiegelt, ein Stück, das er in der Provinz Hiroshima inszenieren soll. Seine Frau, eine Drehbuchautorin beim Fernsehen, begleitet ihn mit ihrer Stimme. Liebe, Schmerz und Sehnsucht subsumieren sich in den Tagen am Meer. Eine meisterhafte Adaption von einem Filmemacher, den man sich merken sollte. Gelang Ryûsuke Hamaguchi doch das Kunststück mit zwei wundervollen Filmen in diesem Jahr sowohl den Drehbuchpreis in Cannes als auch den Großen Preis der Jury bei der Berlinale zu gewinnen.
»Drive My Car«: ab 14. Januar, Luru Kino in der Spinnerei
In einer Krönungszeremonie, die eine Milliarde Menschen weltweit am Fernseher und Radio verfolgt, wird Diana Spencer 1981 zur Princess of Wales. Mit gerade einmal 20 Jahren steht sie seitdem im ständigen Blick der Öffentlichkeit. Kein Moment, der unbeachtet bleibt. Kein Rückzug ins Private entgeht dem Kameraauge der Paparazzi. Die Bilder sind im kollektiven Gedächtnis gespeichert. Sie zeigen eine verletzliche, scheue Frau und erzählen die Tragik hinter ihrem plötzlichen Tod. In seiner Erzählung dreht der chilenische Regisseur Pablo Larraín die Perspektive um. Er bringt das Innenleben einer junge Frau, die unter dem Druck zu zerbrechen droht, auf die Leinwand. Sein Film konzentriert sich auf das letzte gemeinsame Weihnachtsfest, das Diana 1991 im Kreis der englischen Königsfamilie auf Gut Sandringham verbringt. Diana ist gefangen im goldenen Käfig der Monarchie. Es wird erwartet, dass sie allen Regeln der Tradition folgt, während ihr Ehemann alle Regeln einer funktionierenden Ehe missachtet. Die Liaison mit Camilla Parker Bowles ist längst offensichtlich, ebenso die tiefen Narben in Dianas Psyche. Völlig allein gelassen, zerfällt ihre geistige Gesundheit immer mehr. Ebenso wie Larraín zuvor bereits den Blick der Kamera auf »Jackie« Kennedy richtete, schildert er auch hier meisterhaft die Zerrissenheit einer trauernden Frau im Blitzlicht der Medien. Bei Diana ist es die Trauer um den Traum von einer glücklichen Ehe. Die schwindelerregenden Kameraarbeit von Claire Mathon (»Porträt einer jungen Frau in Flammen«) und Johnny Greenwoods dissonanter Score schnüren dem Betrachter die Luft ab. Mittendrin: Kristen Stewarts intensive Verkörperung der Lady Di. Bei all den Aufnahmen, die wir von der einst meistfotografierten Frau der Welt kennen, gelingt »Spencer« ein anderer, einnehmender Blick auf ihr tragisches Schicksal.
»Spencer«: ab 14. Januar, Regina Palast, Schauburg
Titelbild: Filmstill aus »Drive My Car«; Copyright The Match Factory