Der Winter ist da, die Nächte sind klirrend kalt. Viele Obdachlose laufen Gefahr zu erfrieren. Zwei Busse sind unterwegs, um so vielen Menschen wie möglich zu helfen.
Die Temperaturen sind knapp unterm Gefrierpunkt. Die beiden Mitarbeiter sind in dicke Jacken eingepackt. Sie geben heiße Getränke aus und verteilen Decken und Schlafsäcke. Auch Hygieneartikel gibt es für die Menschen, die sich an diesem Abend zum Connewitzer Kreuz begeben haben. Denn hier steht jeden Donnerstag der Hilfebus.
Der Hilfebus ist ein Projekt des Suchzentrums Leipzig. Er ist an 365 Tagen im Jahr abends in der Stadt unterwegs. Seine Aufgabe: obdachlose Menschen bedarfsgerecht zu versorgen und zu verhindern, dass Menschen an der Kälte sterben. Zusätzlich klären die Sozialarbeiterinnen, die den Bus betreiben, über die vielen Hilfsangebote auf. Noch bis zum 31. März steht der Bus jeweils von 20 bis 20:30 Uhr an festen Standorten: dienstags am Lindenauer Markt, donnerstags am Connewitzer Kreuz und sonntags an der Westseite des Hauptbahnhofs. »An den Sonntagen gibt es auch eine warme Suppe für unsere Gäste«, erzählt Tino Neufert am Telefon. Er ist Sozialarbeiter und Ansprechpartner für alles rund um den Hilfebus. Neufert sei froh über das ehrlich gemeinte Engagement der Leipzigerinnen und Leipziger, die vertrauensvoll die Nummer des Hilfebusses wählen, wenn sie abends Menschen in Not antreffen, sagt er. Selbst Polizei und Feuerwehr rufen den Bus regelmäßig.
Doch nicht nur Neuferts Nummer wird häufig gewählt. Auch Bastian Schauer kann sich nicht über zu wenige Anrufe beschweren. Er betreibt das Street Mobil, den Kältebus. Begonnen habe das ehrenamtliche Projekt 2018, als ihn seine Tochter Jule fragte, was denn im Winter mit den Obdachlosen passiere. Seitdem verteilen er und sein Team warmes Essen, heiße Getränke, Schlafsäcke und Hygieneartikel an obdachlose Menschen. »Das warme Essen spenden viele tolle Gastronomen aus Leipzig«, so Schauer. Montags, mittwochs und meist samstags ist er mit dem Street Mobil, einem alten Polizeibus, unterwegs. »Vollgepackt bis unter die Decke mit allem Möglichen«, wie er sagt. In besonders kalten Nächten, ab minus vier, minus fünf Grad, fahre er generell durch die Stadt und checke die bekannten Spots der Obdachlosen. Zusätzlich sei er jede Nacht auf Abruf bereit, falls es zu Notfällen kommt – ein zweiter Fulltime-Job. »Mein Handy habe ich immer auf laut, sodass ich auch mal um zwei oder drei Uhr nachts rausfahre – zum Leidwesen meiner Frau«, erzählt Schauer und lacht.
Seit zwei Jahren gehört das Street Mobil zum Schulterschluss, einem gemeinnützigen Verein. Das ermöglicht nun auch die Annahme von Geldspenden, was vorher als Privatperson nicht möglich gewesen sei, erzählt Schauer. Beim Thema Spenden sind Bastian Schauer und Tino Neufert vom Hilfebus beide der Ansicht, dass man Sachspenden nicht unangemeldet abgeben sollte. »Die Lagerkapazitäten reichen leider nicht aus«, erklärt Neufert. »Einfach vorher anrufen und wir machen einen Termin aus«, sagt der Sozialarbeiter weiter. Was an Sachspenden aber immer gebraucht werde, seien Unterwäsche (möglichst neu) für Damen und Herren, Hygieneartikel wie Feuchttücher, Shampoo, Tampons oder Zahnbürsten, Taschenlampen, Powerbanks und Batterien. Schauer vom Street Mobil freut sich ebenso über Tankgutscheine, denn die Benzinpreise seien derzeit sehr hoch.
Neufert, Schauer und die vielen freiwilligen Helfer leisten seit Jahren unermüdliche Arbeit, Schauer sogar neben seiner Arbeit in seiner Freizeit. Er erkennt insgesamt eine positive Entwicklung, denn es gebe seit einiger Zeit weniger Härtefälle, also Menschen, die partout nicht in einer Notunterkunft übernachten wollen. Trotzdem sei man »noch lange nicht über den Berg«, sagt Schauer. »Wenn ich in der Nacht dreimal rausfahren muss, ist das dreimal zu viel.«
Street Mobil: 0177/976 15 96 (abends Mo, Mi, Sa und auf Abruf)
Hilfebus des Suchtzentrums: 01523/366 10 87 (tägl. 18-23 Uhr)
Titelfoto: Bastian Schauer