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Stadtleben

Wie geht’s dir, Leipzig?

Die Kommunale Bürgerumfrage 2021 zeigt: Das zweite Pandemiejahr schlug den Menschen aufs Gemüt

  Wie geht’s dir, Leipzig? | Die Kommunale Bürgerumfrage 2021 zeigt: Das zweite Pandemiejahr schlug den Menschen aufs Gemüt

Die Leute lieben Leipzig. Jedenfalls die meisten, so steht es in der aktuellen Kommunalen Bürgerumfrage. Im November 2021 hatte die Stadt 25.000 Fragebögen verschickt, um herauszufinden, wie es den Stadtbürgerinnen und -bürgern geht. Das repräsentative Ergebnis: Gut! 7 von 10 Leipzigerinnen und Leipzigern sind in der Messestadt zufrieden. Noch?, könnte man fragen. Denn zahlenmäßig ist die Zuversicht in der Stadt gesunken.

Ganz oben auf der Problemliste: der Verkehr. Über die Hälfte der Menschen empfindet das Geschehen auf Leipzigs Straßen, Schienen und Wegen zunehmend als Problem. Andrea Schultz, oberste Leipziger Stadtforscherin, sieht darin einen Effekt der Corona-Pandemie: Die leeren Straßen während der Lockdowns hätten sich positiv auf die Unfallstatistik ausgewirkt, aber im zweiten Jahr der Pandemie sind alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer zurück – und so auch die Staus und Unfälle. Das ehemalige Leipziger Top-Problem Sicherheitsgefühl ist damit auf Platz zwei gerutscht. Dennoch sehen immer noch 47 Prozent die größten Probleme der Stadt bei Kriminalität und Sicherheit, 39 Prozent beim Thema Wohnen. Die Statistik zeigt, was den meisten Mieterinnen und Mietern vermutlich schon klar war: Die Bestandsmieten steigen, wenn auch nur »mild«, so Schultz. Die Mehrheit der Menschen in Leipzig zahlt knapp 8,70 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es zwar dieselben Ziffern, aber in anderer Reihenfolge – 7,08 Euro. Was in der Statistik zudem fehlt, ist die aktuelle Entwicklung der Energiepreise, die die Ausgaben in vielen Haushalten in die Höhe treiben. Genauso wenig zeigt uns die Erhebung, welche Preise Immoscout und Co. all denen zu bieten haben, die noch eine Wohnung suchen.

Trotzdem ist die Mietbelastung in Leipzig über die Jahre relativ gleich geblieben. Das heißt: relativ ungleich. »Je nach Einkommensniveau gibt es deutliche Unterschiede«, sagt Schultz. Haushalte, die weniger als 1.100 Euro im Monat zur Verfügung haben und von denen sich viele an der Armutsgrenze befinden, geben durchschnittlich 45 Prozent ihres Geldes für die Miete aus. Bei Gutsituierten mit einem Haushaltsnettoeinkommen von mindestens 3.200 Euro sind es dagegen nur 18 Prozent. Dass sich die Ungleichheit der Mietbelastung trotz steigender Mieten nicht verschärft hat, liegt daran, dass die Leipziger Löhne im Durchschnitt gestiegen sind. Im Vergleich zum Vorjahr stieg das persönliche Nettoeinkommen um 150 Euro auf durchschnittlich 1.590 Euro im Monat. Aber: Mehr Geld gab’s vor allem für Männer. Frauen verdienen in Leipzig aktuell 19 Prozent weniger als Männer. Eine mögliche Erklärung laut Schultz: »Die Pandemie drückt stärker auf die Einkommen von Frauen, weil sie in Service-Jobs eher gebeutelt waren.« Laut Zahlen der Arbeitsagentur liegt aber auch der bereinigte Gender-Pay-Gap in Sachsen bei 11,4 Prozent.

Kritisch bewerten die Menschen in Leipzig den gesellschaftlichen Zusammenhalt, hier befürchten drei Viertel der Befragten negative Folgen aufgrund der Pandemie. Der Anteil hat sich hier im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Optimismus auf dem Rückzug? »Die Pandemie frisst zunehmend ein paar Prozentpunkte weg«, so Schultz auch über die Zufriedenheit mit Kunst- und Kulturangeboten in der Stadt. Hier fällt die Kurve, von 80 auf 75 Prozent.

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt sind die Leipzigerinnen und Leipziger trotz Pandemie zufrieden: Über 61 Prozent bewerten ihre Lage als gut oder sehr gut, im ersten Pandemiejahr waren es sogar 64 Prozent. Aber da tut sich eine Merkwürdigkeit auf: Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung gehen auseinander, die Bewertung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage der Stadt fällt im Vergleich zur eigenen deutlich negativer aus. Und das nicht erst seit der Pandemie, sondern schon seit 2018. »Dafür haben wir aktuell keine gute Erklärung«, so Schultz.

 

Titelbild: Leipziger Innenstadt. Copyright: Adobe Stockfoto. 


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