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Spiel

Zweisamkeit vor dem Bildschirm

Warum ein Gamepad nicht reicht: Koop-Spiele verbinden, zum Beispiel Eltern und Kinder

  Zweisamkeit vor dem Bildschirm | Warum ein Gamepad nicht reicht: Koop-Spiele verbinden, zum Beispiel Eltern und Kinder

Gelegentlich machen Eltern sich Sorgen um das Wohl ihrer Kinder. Das ist angemessen! Aber nicht immer. An der Sache vorbei geht etwa die pauschale Aufregung über zu viel Zeit vor dem Bildschirm. Bücher machen ja auch kurzsichtig.

Von allem kann es zu viel geben. Aber wem das Hobby bei anderen unheimlich ist, der sollte am besten selbst einmal den Kopf in den Kaninchenbau stecken. Gemeinsames Zocken senkt nicht unbedingt die Bildschirmzeit, aber es schafft Verständnis auf beiden Seiten, und es normalisiert die Sache. Und ein Genre ist wie kein anderes auf Teambuilding ausgelegt: Koop-Spiele, bei denen zwei oder mehr Menschen gemeinsam gegen den Computer gewinnen oder verlieren. Sie waren einmal eine kleine Nische, doch seit Jahren wächst und wuchert sie. Der einfachste Einstieg in die Erfahrung ist leider nicht ganz billig: Auf der Nintendo-Switch wohnen sehr viele Familienspiele, handwerklich makellos, mit verschiedenen Möglichkeiten, gemeinsam zu spielen. Stilistisch liegen sie allerdings nahe beieinander: Alle sind bunter Quatsch. Wer das aushält, erlebt aber zum Beispiel mit dem neuen »Kirby’s Return to Dream Land Deluxe« eine einladende Jump’n’Run-Revue für bis zu vier Familienmitglieder, ziemlich einfach zu spielen, aber voller kreativer Einfälle. Es geht durch Pflanzen-, Nuss- und Wasserwelten, es werden Geheimnisse aufgestöbert und Zahnräder für ein freundliches Alien eingesammelt, und dann eröffnet das Alien einen Vergnügungspark. Es spielt sich wie der interaktive Traum eines vierjährigen Kindes.

Leider ist die Nintendo-Switch nicht billig, außerdem sind auch die Spiele und die Controller teuer. Wer sich aber einmal eingekauft hat, ist bis zum Ende der Grundschulzeit versorgt. Hier gibt es auch Spiele mit einer Art Eltern-Kind-Koop-Modus. Bei »Super Mario Odyssey« kann beispielsweise ein Mensch Mario steuern, ein anderer nur seine fliegende Mütze. Sie besiegt Gegner und dient als Plattform, tut sich aber selbst nicht weh. Das macht kleinen Kindern und überforderten Eltern weniger Angst. Und beide Seiten arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin! Auch wenn das Ziel Quatsch ist.


Läuft auch auf Laptops

Das ist das große Potenzial von Koop-Spielen. Sie bringen Menschen bei, gemeinsam und füreinander zu arbeiten. Spielefans kennen das, und nur echte Teamplayer der Gaming-Gemeinde lieben sie. Was in der Indie-Szene noch vor zehn Jahren als Kassengift galt, ist inzwischen ein großer Sektor voller guter Beispiele, die auch auf alten Laptops laufen. Hier gibt es moderne Klassiker wie »Lovers in a Dangerous Spacetime« (siehe nebenan), »Overcooked«, oder das grandiose »Pikuniku«: Für Einzelspieler ist es ein Jump’n’Run- Adventure mit charmanter, aber deutlicher Kapitalismuskritik. Für zwei Spieler hat es auch gleich die Antwort auf die Frage, was nach dem Ende der Ausbeutung kommen muss: Ein Koop-Modus, bei dem Piku und Niku einander durch vertrackte Level helfen müssen, um am Ende romantisch davonzusegeln.

»Pikuniku« ist ein Geheimtipp, aber davon gibt es im Genre viele. Ein guter Einstieg in gemeinsames Gaming mit weniger erfahrenen Partnern ist »Figment 2«, eine surrealistische Musical-Traumreise als Action-Adventure. Das Studio dahinter hat sich den Standardtrick von Nintendo abgeschaut: Koop-Spiele, bei denen einer von beiden keinen Schaden nimmt und nicht kaputt gehen kann. Aber sehr viele Indies richten sich an zwei Menschen, die sich auf dem Controller zurechtfinden. Ein aktueller Hingucker ist »River Tails«: Eine optimistische Babykatze und ein zynischer Fisch erleben gemeinsame Abenteuer. Eigentlich wäre das 3-D-Jump’n’Run einfach, aber es zwingt beide Partner zu einer engen Zusammenarbeit. Wenn sich die Parteien vor dem Bildschirm nicht konstant absprechen, klappt gar nichts. Dann wird der Fisch von Piranhas gefressen und die Katze ersäuft. Das ist die sagenumwobene Koop-Erfahrung an sich – hier werden Freundschaften geschmiedet oder geschmolzen. Hier entblößen Menschen ihr Innerstes. Fischi muss beispielsweise Treibholz in die Höhe ziehen, das praktischerweise mit Lianen verknüpft ist, die an Flaschenzugbäumen hängen. Und dann muss er stillhalten, damit Katzi drüberspringen kann. So eng die Checkpoints auch sitzen: Der Frust, wenn die Kooperation nicht klappt und Katzi ins Wasser platscht, sitzt tief, er kommt instinktiv. Hier lernen Eltern, Kinder und Partner, sich auch in Extremsituationen nicht anzuschreien. Und wenn es dann doch klappt, fühlt es sich so groß an, dass wir alle uns noch in Jahren davon erzählen. 

 

> Kirby’s Return to Dream Land Deluxe: Entwickler + Publisher: Nintendo, Plattform: Switch, Preis: 60 €

> Lovers in a Dangerous Spacetime, Entwickler + Publisher: Asteroid Base, Plattform: PC, Playstation, Switch, Xbox, Preis: 15 €

> Pikuniku, Entwickler: Sectordub, Publisher: Devolver Digital, Plattform: PC, Switch, Preis: 13 €

> Figment 2: Creed Valley: Entwickler + Publisher: Bedtime Digital, Plattform: PC, Playstation, Switch, Xbox, Preis: 25 €


Foto: Rivertails. Kid Onion.


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